Ϸվ

Index
ܳܰü
Vor
Vollständiger Text
Verfahren :
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B10-0179/2024

Aussprachen :

Abstimmungen :

PV28/11/2024-6.4
CRE28/11/2024-6.4

Angenommene Texte :

P10_TA(2024)0054

Angenommene Texte
PDF147kWORD54k
Donnerstag, 28. November 2024-Straßburg
Verschärfung der Demokratiekrise in Georgien nach der jüngsten Parlamentswahl und dem Verdacht auf Wahlbetrug
P10_TA(2024)0054RC-B10-0179/2024

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 28. November 2024 zu der Verschärfung der demokratischen Krise in Georgien nach der jüngsten Parlamentswahl und dem Verdacht auf Wahlbetrug ()

Das Europäische Parlament,

–unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Georgien, insbesondere die Entschließung vom 9.Oktober 2024 zu dem Abbau der Demokratie und den Gefahren für den politischen Pluralismus in Georgien(1),

–unter Hinweis auf das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Georgien andererseits(2),

–unter Hinweis auf die Erklärung zu den vorläufigen Ergebnissen und Schlussfolgerungen der vom Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geleiteten internationalen Wahlbeobachtungsmission (IEOM) zur Parlamentswahl vom 26.Oktober 2024 in Georgien und auf die Erklärung der Leitung der Wahlbeobachtungsdelegation des Europäischen Parlaments,

–unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, vom 29.Oktober 2024 zu den jüngsten Entwicklungen nach der Parlamentswahl in Georgien und auf die Gemeinsame Erklärung des Hohen Vertreters und der Kommission vom 27.Oktober 2024 zur Parlamentswahl in Georgien,

–unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Präsidenten der Französischen Republik, Emmanuel Macron, des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland, Olaf Scholz, und des Ministerpräsidenten der Republik Polen, Donald Tusk, vom 7.November 2024 zur Lage in Georgien,

–unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Vorsitzes des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Vorsitzes der Delegation für die Beziehungen zum Südkaukasus und des Vorsitzes der Delegation in der Parlamentarischen Versammlung EURO-NEST vom 28.Oktober 2024 zur Parlamentswahl in Georgien,

–unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung von EU-Ministern vom 28.Oktober 2024 zur Wahl in Georgien,

–unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Gruppe der Freunde Georgiens, die europäische Parlamente vertritt, vom 6.November 2024 mit dem Titel „On international inquiry commission to investigate irregularities of elections in Georgia“ (Zu einem internationalen Untersuchungsausschuss für die Untersuchung von Wahlunregelmäßigkeiten in Georgien),

–unter Hinweis auf den Status als EU-Bewerberland, der Georgien vom Europäischen Rat auf seinem Gipfel vom 14./15.Dezember 2023 verliehen wurde,

–unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 30.Oktober 2024 mit dem Titel „Mitteilung 2024 über die Erweiterungspolitik der EU“ (), die den ersten Fortschrittsbericht über Georgien enthält,

–gestützt auf Artikel136 Absätze2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.in der Erwägung, dass am 26.Oktober 2024 in Georgien eine Parlamentswahl stattfand; in der Erwägung, dass die Monate vor der Wahl von erheblichen Angriffen auf die Demokratie in Georgien geprägt waren, wozu auch die überstürzte Annahme demokratiewidriger Gesetze zählt, die von den Vereinten Nationen, der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission) und der EU kritisiert wurde; in der Erwägung, dass in der Zeit vor der Wahl demokratische Standards nicht erfüllt wurden, da die Regierungspartei „Georgischer Traum“ und die staatlichen Stellen ein Klima der Angst unter anderem dadurch schürten, dass sie Oppositionspolitiker, führende Vertreter der Zivilgesellschaft, Journalisten, Forscher und andere regierungskritische Personen festnahmen, ihre Häuser durchsuchten, sie einschüchterten und ihnen gegenüber gewalttätig wurden;

B.in der Erwägung, dass die Regierungspartei „Georgischer Traum“ während des Wahlkampfs die verständliche Angst der georgischen Gesellschaft vor Krieg ausnutzte, indem sie wieder und wieder betonte, dass sie die „Friedenspartei“ sei, und behauptete, dass die Opposition angeblich auf Befehl des Westens, der konspirativ als „globale Kriegspartei“ bezeichnet wurde, einen Krieg mit Russland anfangen würde; in der Erwägung, dass Führungspersönlichkeiten und Propagandisten der Russischen Föderation den Georgischen Traum sowohl vor als auch nach der Wahl offen unterstützt haben; in der Erwägung, dass während des Wahlkampfs in öffentlichen Erklärungen vonseiten der obersten Führungsebene der Regierungspartei die Absicht zum Ausdruck gebracht wurde, wichtige Oppositionsparteien nach der Wahl zu verbieten, und dadurch Bedenken hinsichtlich der Fairness und Inklusivität des politischen Prozesses aufkamen;

C.in der Erwägung, dass bei der Parlamentswahl am 26.Oktober 2024 in Georgien zwar verschiedene Kandidaten zur Wahl standen, die Wahl aber durch schwerwiegende Unregelmäßigkeiten, dokumentierte Berichte über Wahlmanipulation und die Unterdrückung der Wählerfreiheit insbesondere durch Stimmenkauf, die Schikanierung von Beobachtern, den Ausschluss von Medienvertretern aus Wahllokalen, die Einschüchterung von Wählern in und vor den Wahllokalen, die Rückverfolgung von Wählern und die Einziehung von Ausweisdokumenten in ländlichen Gebieten, die anschließend zwecks Stimmabgabe an loyale Aktivisten der Regierungspartei weitergegeben wurden, die organisierte Beförderung von Wählern, Hetze, unzureichende Möglichkeiten für im Ausland lebende georgische Staatsbürger, ihre Stimme abzugeben, und die unwahrscheinlich erscheinenden Unterschiede bei der Wahlbeteiligung von Frauen und Männern in ländlichen Wahlkreisen beeinträchtigt wurde; in der Erwägung, dass Beschäftigte im öffentlichen Sektor und Empfänger von Sozialleistungen unter Druck gesetzt wurden, die Regierungspartei zu unterstützen;

D.in der Erwägung, dass internationale Wahlbeobachter feststellten, dass zunehmende politische Spaltungen und ein erhebliches Ungleichgewicht bei der Zuweisung finanzieller Ressourcen bestanden und dass die Regierungspartei zahlreiche Vorteile genoss, die die ohnehin schon ungleichen Wettbewerbsbedingungen noch verschärften; in der Erwägung, dass die Wirksamkeit der Finanzaufsicht beim Wahlkampf durch die eingeschränkte Durchsetzung und Bedenken hinsichtlich der Unparteilichkeit und politischen Instrumentalisierung der Aufsichtsstelle unterminiert wurde;

E.in der Erwägung, dass bei der Parlamentswahl vom 26.Oktober 2024 in Georgien erstmals in der Geschichte des Landes uneingeschränkt ein Verhältniswahlsystem zum Einsatz kam, wobei elektronische Geräte für die Überprüfung der Identität der Wähler und die Stimmenauszählung verwendet wurden; in der Erwägung, dass diese Technologien Bedenken hinsichtlich der Transparenz, des Wahlgeheimnisses und einer mangelnden unabhängigen Überprüfung aufwarfen;

F.in der Erwägung, dass durch die jüngsten Änderungen des Wahlgesetzes, einschließlich der Abschaffung von Geschlechterquoten, die Zusammensetzung der Zentralen Wahlkommission geändert wurde und dadurch in Verbindung mit der Verabschiedung des Gesetzes über die Transparenz der Einflussnahme aus dem Ausland die Grundfreiheiten eingeschränkt, Organisationen der Zivilgesellschaft stigmatisiert und die Integrität der demokratischen Institutionen Georgiens untergraben wurden;

G.in der Erwägung, dass anerkannte unabhängige Wahlbeobachtungsmissionen aus Georgien zu dem Schluss kamen, dass eine Kombination aus vor der Wahl ausgeübtem Zwang, Manipulation am Wahltag und eingeschränktem Zugang von Beobachtern bedeutet, dass die Wahl nicht den wahren Willen des georgischen Volkes widerspiegelt; in der Erwägung, dass durch ein System der Einziehung von Personalausweisen, der Datensammlung und unbefugter Anwesenheiten ein von Zwang geprägtes Umfeld geschaffen wurde, wodurch sich staatliche Akteure bei der Erleichterung von Wahlbetrug verstärkt zu Mittätern gemacht haben; in der Erwägung, dass am Wahltag in großem Umfang gegen den Grundsatz des Wahlgeheimnisses verstoßen wurde; in der Erwägung, dass die Wahl durch eine Kombination aus Einschüchterung von Wählern, Behinderung der Beobachtung und Manipulation von Wahlverfahren manipuliert wurde und nicht als frei und fair betrachtet werden kann;

H.in der Erwägung, dass sich zahlreiche Auffälligkeiten bei der Wahlbeteiligung und den Stimmanteilen für die Regierungspartei mit vielen Berichten über Unregelmäßigkeiten bei der Wahl decken;

I.in der Erwägung, dass fast alle vor der Wahl durchgeführten Umfragen darauf hindeuteten, dass der Georgische Traum keine Mehrheit erhalten würde; in der Erwägung, dass sich die Diskrepanz zwischen den Umfragen vor der Wahl und dem von der Zentralen Wahlkommission verkündeten Wahlergebnis nicht mit einer statistischen Fehlerquote erklären lässt;

J.in der Erwägung, dass die Präsidentin Georgiens, Salome Surabischwili, die Wahl öffentlich als manipuliert verurteilt hat, sich geweigert hat, das Ergebnis als gültig anzuerkennen, und eine internationale Untersuchung und Neuwahlen gefordert hat; in der Erwägung, dass die Präsidentin erklärt hat, dass die Anerkennung des Ergebnisses bedeuten würde, „Georgiens Unterwerfung unter Russland“ hinzunehmen, und den Wahlprozess als „Spezialoperation Russlands“ bezeichnet hat; in der Erwägung, dass die vier Oppositionskoalitionen, die die Wahlhürde überschreiten konnten, die Wahlergebnisse zurückwiesen und sich weigerten, das entsprechende Parlament für rechtmäßig zu erklären; in der Erwägung, dass vier Oppositionsblöcke– die Vereinigte Nationale Bewegung, die Koalition für ein starkes Georgien, die Koalition für den Wandel und Gacharia für Georgien– ihre parlamentarischen Mandate abgelehnt und sich mit der Begründung, dass die Parlamentswahl vom 26.Oktober 2024 unrechtmäßig war, geweigert haben, an der 11.Einberufung des Parlaments teilzunehmen; in der Erwägung, dass Georgiens Ministerpräsident, Irakli Kobachidse, am 13.November 2024 seine Verlautbarungen vom August aufgegriffen und erneut das Vorhaben geäußert hat, wichtige Oppositionsparteien verfassungsrechtlich zu verbieten, wenn sie sich weigern, ihre Parlamentsmandate anzunehmen; in der Erwägung, dass sich Georgien somit in einer Verfassungskrise befindet;

K.in der Erwägung, dass das neue Parlament am 25.November 2024 ohne Beteiligung von Mitgliedern der Opposition einberufen wurde; in der Erwägung, dass Präsidentin Salome Surabischwili unter Bezugnahme auf die konstituierende Sitzung des Parlaments erklärt hat, dass das Parlament Georgiens nicht mehr existiere, da der Georgische Traum die Verfassung mit Füßen getreten habe;

L.in der Erwägung, dass der Vizepräsident der Kommission und Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) in seiner Erklärung nach der Wahl darauf hingewiesen hat, dass die internationalen Beobachter die Wahl nicht für frei und fair erklärt haben, eine transparente Untersuchung und Ermittlungen bezüglich der Unregelmäßigkeiten sowie der Unterdrucksetzung und der Einschüchterung von Wählern gefordert hat und betont hat, dass der Trend zu Rückschritten im Bereich der Demokratie in Georgien umgekehrt werden muss;

M.in der Erwägung, dass der ungarische Ministerpräsident, Viktor Orbán, vor der Veröffentlichung der endgültigen Wahlergebnisse und ohne vorherige Konsultation anderer Staats- und Regierungschefs der EU nach Tiflis gereist ist, um der Partei „Georgischer Traum“ zu gratulieren, und dass er der einzige Staats- oder Regierungschef der EU war, der dies tat;

N.in der Erwägung, dass zivilgesellschaftliche Organisationen aus Georgien Klage eingereicht und gefordert haben, dass wegen Wahlbetrugs ermittelt wird, wobei in vielen Fällen die Ermittlungsbehörden keine Ermittlungen in die Wege geleitet und die Verstöße nicht ordnungsgemäß untersucht haben; in der Erwägung, dass sich die Zentrale Wahlkommission bislang geweigert hat, die in Auftrag gegebene Prüfung des elektronischen Wahlsystems zu veröffentlichen, und die Ergebnisse der Wahl trotz der genannten Unregelmäßigkeiten amtlich bestätigt hat;

O.in der Erwägung, dass auf die von Organisationen der Zivilgesellschaft Georgiens eingeleiteten rechtlichen Schritte Strafmaßnahmen der Behörden gegen Vertreter der Zivilgesellschaft folgten, darunter ungerechtfertigte Vorladungen zur Vernehmung und hohe Geldstrafen für Äußerungen über Wahlbetrug;

P.in der Erwägung, dass Gerichte in Georgien von Oppositionsparteien und örtlichen Beobachtern eingereichte Klagen wegen Wahlunregelmäßigkeiten nach wie vor massenweise im Schnellverfahren abweisen, während sie Anträge auf Ladung von Zeugen und weitere Anträge ablehnen, mit denen die Zentrale Wahlkommission dazu verpflichtet würde, die Liefer- und Empfangsprotokolle der für die Stimmabgabe beschafften und verwendeten Stifte und Stimmzettel auszuhändigen;

Q.in der Erwägung, dass am 16.November 2024 trotz zahlreicher Klagen und Forderungen unabhängiger Wahlbeobachter, die Wahlergebnisse für ungültig zu erklären, die Zentrale Wahlkommission Georgiens das endgültige Kurzprotokoll der Parlamentswahl vom 26.Oktober 2024 bekannt gab, womit die Partei „Georgischer Traum“ mit 53,92% der Stimmen zum Wahlsieger erklärt wurde;

R.in der Erwägung, dass die ersten Proteste am 28.Oktober 2024 in Tiflis ausbrachen, wobei sich Tausende Menschen versammelten, um die Legitimität des verkündeten Wahlsiegs der Regierungspartei infrage zu stellen; in der Erwägung, dass die Demonstrationen am 4.November 2024 fortgesetzt wurden und an Umfang und Intensität zunahmen; in der Erwägung, dass die Polizei Demonstrationen in Tiflis gewaltsam aufgelöst und dabei in unverhältnismäßigem Maße Gewalt gegen friedliche Demonstranten und Journalisten eingesetzt und etliche Demonstranten festgenommen hat;

S.in der Erwägung, dass die Verfassungsorgane gemäß Artikel78 der Verfassung Georgiens im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle Maßnahmen ergreifen, um die vollständige Integration Georgiens in die Europäische Union und die Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) sicherzustellen;

T.in der Erwägung, dass Georgien als EU-Bewerberland das Assoziierungsabkommen uneingeschränkt einhalten und die neun in der Empfehlung der Kommission vom 8.November 2023 dargelegten Schritte umsetzen sollte; in der Erwägung, dass der Europäische Rat Georgien im Dezember 2023 zwar den Status eines Bewerberlandes zuerkannt hat, dessen EU-Beitrittsprozess aufgrund der Maßnahmen, die die georgische Regierung seit dem Frühjahr 2024 ergriffen hat, inzwischen aber de facto zum Stillstand gekommen ist;

U.in der Erwägung, dass der Oligarch Bidsina Iwanischwili, der die Partei „Georgischer Traum“ anführt und auch erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft Georgiens ausübt, eine entscheidende Rolle bei den Rückschritten im Bereich der Demokratie des Landes und bei der Untergrabung seiner euro-atlantischen Ausrichtung zugunsten einer Hinwendung zu Russland gespielt hat;

1.bedauert, dass Georgien, ein Bewerberland für den EU-Beitritt, am 26.Oktober 2024 eine Parlamentswahl abgehalten hat, bei der die internationalen Standards für demokratische Wahlen und seine Verpflichtungen als Mitglied der OSZE, freie und faire Wahlen abzuhalten, nicht eingehalten wurden; betont, dass Verstöße gegen die Integrität von Wahlen nicht mit den von einem EU-Bewerberland erwarteten Standards vereinbar sind; betont, dass die Durchführung der Wahl eine weiteres Beispiel für die anhaltenden Rückschritte bei der Demokratie war, für die die Regierungspartei uneingeschränkt verantwortlich ist;

2.verurteilt aufs Schärfste die zahlreichen und schwerwiegenden Wahlverstöße, darunter dokumentierte Fälle von Einschüchterung, Wahlmanipulation, Verwendung gefälschter Wahlzettel, Eingriffe in die Tätigkeiten von Wahlbeobachtern und Medien, gemeldete Manipulationen von elektronischen Wahlgeräten, die mehrere Stimmabgaben mit demselben Ausweisdokument ermöglichten, erhebliche Ungleichgewichte bei den finanziellen Ressourcen, der Vorteil der amtierenden Regierung und die fehlende Untersuchung schwerwiegender Verfahrensfehler;

3.ist der Ansicht, dass der gemeldete umfangreiche Wahlbetrug die Integrität des Wahlprozesses, die Legitimität der Ergebnisse und das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine neue Regierung untergräbt und dass das Ergebnis keine getreue Darstellung des Willens des georgischen Volkes ist;

4.nimmt zur Kenntnis, dass die georgische Präsidentin, Salome Surabischwili, die Wahl entschieden als manipuliert verurteilt hat und beschlossen hat, die Ergebnisse nicht anzuerkennen; honoriert die Bemühungen der georgischen Präsidentin, Salome Surabischwili, das Land wieder auf den Pfad der demokratischen und europäischen Entwicklung zu bringen;

5.ist der Ansicht, dass die internationale Gemeinschaft die Wahlergebnisse nicht anerkennen sollte, da die Legitimität der Wahl durch das Ausmaß der Verstöße erheblich beeinträchtigt wird; lehnt daher jegliche Anerkennung der Parlamentswahl ab und fordert, dass sie innerhalb eines Jahres wiederholt wird, wobei das Verfahren in einem verbesserten Wahlumfeld von einer unabhängigen und unparteiischen Wahlverwaltung und unter sorgfältiger internationaler Beobachtung durchgeführt werden muss, um für einen wirklich fairen und transparenten Wahlprozess zu sorgen;

6.unterstützt die Forderung nach einer unabhängigen und transparenten internationalen Untersuchung der Vorwürfe in Bezug auf Wahlmanipulation, die Einschüchterung von Wählern und systemische Verstöße, die Berichten zufolge im Vorfeld der Wahl und am Wahltag selbst stattgefunden haben;

7.begrüßt den Beschluss des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), eine technische Mission nach Georgien zu entsenden; fordert den EAD und die Kommission auf, ein umfassendes Mandat für die Mission festzulegen, das über die Grenzen des Rahmens und der Methodik der OSZE für die Wahlbeobachtung hinausgeht, die sich insofern erheblich von der EU-Wahlbeobachtungsmethodik unterscheidet, als die OSZE-Methodik nicht immer in der Lage ist, alles, was in einem Land vor dem Wahltag vor sich geht, angemessen zu erfassen, insbesondere in Ländern wie Georgien, in denen es ein etabliertes System der Druckausübung auf Amtsträger, der Einschüchterung von Wählern und der Behinderung örtlicher Wahlbeobachter gibt;

8.äußert Besorgnis angesichts der Beschlagnahmung von Geräten zur Überprüfung der Identität der Wähler und von Wahlunterlagen durch die Staatsanwaltschaft; fordert die staatlichen Stellen auf, es den Wählern zu ermöglichen, ihre Teilnahme an der Wahl im Einklang mit den höchsten Datenschutzstandards zu überprüfen; betont, dass es wichtig ist, alle Daten im Zusammenhang mit der Wahl zu sichern und sie den einschlägigen Interessenträgern zugänglich zu machen, da sie wesentliche Nachweise für etwaige Unregelmäßigkeiten enthalten könnten;

9.ist zutiefst besorgt über die koordinierte Abweisung zahlreicher Beschwerden über Wahlbetrug und Manipulation durch die georgischen Justizorgane und darüber, dass die Zentrale Wahlkommission keinen einzigen der gemeldeten Wahlvorfälle untersucht hat; ist der Ansicht, dass die staatlichen Stellen Georgiens nicht auf die wirklichen Anliegen der Gesellschaft und die Berichte örtlicher und internationaler Beobachter reagieren und das Land damit vorsätzlich an den Rand einer innenpolitischen Krise bringen und in die internationale Isolation von den demokratischen Partnern Georgiens führen;

10.äußert tiefe Besorgnis über den beträchtlichen Rückgang des Frauenanteils in der Politik in Georgien, der sich durch die Abschaffung der Geschlechterquoten verschärft hat, und fordert Gesetzesänderungen, um die Gleichstellung der Geschlechter in der Politik zu fördern;

11.fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, persönliche Sanktionen gegen die Amtsträger und führenden Politiker in Georgien zu verhängen, die für demokratische Rückschritte, Verstöße gegen Wahlgesetze und -standards, Verwaltungsmissbrauch und den Missbrauch staatlicher Institutionen verantwortlich sind, wie Ministerpräsident Irakli Kobachidse, Kacha Kaladse, Bürgermeister von Tiflis und Generalsekretär der regierenden Partei „Georgischer Traum“, Schalwa Papuaschwili, Präsident des Parlaments, und Irakli Gharibaschwili, Präsident der Partei „Georgischer Traum“, und sie auf Richter auszuweiten, die politisch motivierte Urteile fällen; fordert den Rat und die demokratischen Partner der EU erneut auf, aufgrund der Rolle von Bidsina Iwanischwili bei der Verschlechterung des politischen Prozesses in Georgien sowie seiner Handlungen, die den verfassungsmäßigen Interessen des Landes zuwiderlaufen, einschließlich seiner Bemühungen, den Einflussbereich Russlands in dem Land wiederherzustellen, unverzüglich gezielte persönliche Sanktionen gegen ihn zu verhängen und sein gesamtes Vermögen in der EU einzufrieren;

12.betont, dass die Achtung der Grundrechte für die Vorgaben der EU für die Visaliberalisierung von entscheidender Bedeutung ist, und fordert die Kommission und den Rat nachdrücklich auf, den Status Georgiens bezüglich der Befreiung von der Visumpflicht zu überprüfen und diese möglicherweise auszusetzen, wenn sie zu dem Schluss gelangen, dass die EU-Standards für demokratische Staatsführung und Freiheiten nicht eingehalten werden;

13. fordert die EU auf, die formellen Kontakte mit der georgischen Regierung und dem georgischen Parlament auf EU-Ebene stark einzuschränken;

14.verurteilt den Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten, Viktor Orbán, in Georgien, der einen Verstoß gegen die Standpunkte der EU und einen weiteren Versuch, die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU zu untergraben, darstellte; betont, dass Ministerpräsident Viktor Orbán auch diesmal nicht für die EU gesprochen hat;

15.weist darauf hin, dass infolge der Annahme neuer antidemokratischer Rechtsvorschriften wie des Gesetzes über die Transparenz ausländischer Einflussnahme und des Gesetzes über die Werte der Familie und den Schutz Minderjähriger der Prozess der Integration Georgiens in die EU effektiv ausgesetzt wurde; weist darauf hin, dass die EU auch die Zuweisung von Mitteln an Georgien eingefroren hat; betont, dass die anhaltenden Rückschritte bei der Demokratie in Georgien nicht nur eine bedauerliche Entwicklung darstellen, zumal Georgien einst ein Vorreiter der euro-atlantischen Bestrebungen war, sondern auch umgekehrt und die genannten antidemokratischen Rechtsvorschriften aufgehoben werden müssen, damit die Beziehungen des Landes zur EU wieder in die richtigen Bahnen gelenkt werden; bedauert, dass das politische Umfeld in Georgien auf einen autoritären Wandel der Regierungspartei und einen Verrat an den proeuropäischen Bestrebungen des georgischen Volkes hindeutet; bekräftigt seine unverbrüchliche Unterstützung für die demokratische Entwicklung Georgiens und die euro-atlantischen Bestrebungen seiner Bevölkerung; erinnert die georgische Regierung daran, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung den prowestlichen Kurs des Landes und seinen EU-Beitritt nachdrücklich unterstützt;

16.ist zutiefst beunruhigt über das Klima der Einschüchterung und Polarisierung, das durch die Äußerungen georgischer Regierungsvertreter und führender Politiker sowie durch Angriffe auf den politischen Pluralismus befeuert wird, u.a. durch Drohungen, Oppositionsparteien zu verbieten und deren Parteispitzen und sogar einfache Anhänger festzunehmen sowie abweichende Meinungen auszuschalten; warnt die staatlichen Stellen Georgiens davor, dass jeder Versuch, rechtmäßig etablierte politische Parteien zu verbieten, Georgien weiter von der EU entfernen und jegliche Schritte im Hinblick auf einen EU-Beitritt unmöglich machen würde;

17.verurteilt die systematische Einmischung Russlands in demokratische Prozesse in Georgien, etwa durch Einschüchterung der Wähler, Stimmenkauf und Desinformation, wie die Verschwörungstheorie der „globalen Kriegspartei“, aufs Schärfste; missbilligt, dass Amtsträger der Regierungspartei und regierungsnahe Medien im Vorfeld der Wahl Desinformationen verbreitet und verstärkt haben; fordert die staatlichen Stellen Georgiens auf, für auf Tatsachen beruhende Informationen und Kommunikation zu sorgen, von Propaganda gegen die EU abzusehen, da sie im Widerspruch zu dem erklärten Ziel des EU-Beitritts steht, und die Widerstandsfähigkeit der georgischen Gesellschaft gegen russische Desinformation und Propaganda zu stärken;

18.erinnert daran, dass die Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel vom 14./15.Dezember 2023 Georgien den Status eines Bewerberlandes unter der Maßgabe zuerkannt haben, dass die in der Empfehlung der Kommission vom 8.November 2023 dargelegten einschlägigen Maßnahmen ergriffen werden; betont, dass die jüngste Parlamentswahl diesem Ziel eindeutig zuwiderläuft; stimmt der im Erweiterungspaket 2024 der Kommission dargelegten Bewertung zu, in der es heißt, dass das Verfahren für den EU-Beitritt Georgiens infolge des von der Regierung Georgiens eingeleiteten Rückbaus der Demokratie auf unbestimmte Zeit unterbrochen wird; betont, dass die von der Partei „Georgischer Traum“ umgesetzten politischen Maßnahmen mit der euro-atlantischen Integration Georgiens unvereinbar sind;

19. bekräftigt seine unerschütterliche Unterstützung für die legitimen europäischen Bestrebungen der Bevölkerung Georgiens und ihren Wunsch, in einem wohlhabenden und demokratischen Land ohne Korruption zu leben, das die Grundfreiheiten uneingeschränkt achtet, die Menschenrechte schützt und eine offene Gesellschaft, unabhängige Medien und freie und faire Wahlen garantiert; fordert die staatlichen Stellen Georgiens nachdrücklich auf, das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Versammlungsfreiheit zu garantieren und von der Anwendung von ungerechtfertigter Gewalt gegen sie abzusehen;

20.fordert den Rat, die Kommission, den EAD und die neue HR/VP auf, die Politik der EU gegenüber Georgien umfassend zu überprüfen und zu überarbeiten; fordert die Kommission auf, die eingefrorenen 120Mio.EUR, die ursprünglich für die Unterstützung der staatlichen Stellen Georgiens vorgesehen waren, zu verwenden, um die Unterstützung der EU für die Zivilgesellschaft Georgiens, insbesondere den nichtstaatlichen Sektor und die unabhängigen Medien, zu verstärken, die von der Regierungspartei und den staatlichen Stellen zunehmend ungebührlich unter Druck gesetzt werden, und um Programme zur Förderung der demokratischen Widerstandsfähigkeit und der Integrität von Wahlen zu unterstützen; begrüßt den Vorschlag des HR/VP, Josep Borrell, dies zu tun; fordert, dass die Finanzierungsmechanismen der EU angepasst werden, um den Bedürfnissen Rechnung zu tragen, die in einem feindlicheren und antidemokratischeren Umfeld entstehen;

21.bekräftigt seine dringende Forderung, den ehemaligen Präsidenten Micheil Saakaschwili aus humanitären Gründen sofort freizulassen; betont, dass die Regierung Georgiens die volle und unbestreitbare Verantwortung für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit und das Wohlergehen des ehemaligen Präsidenten Micheil Saakaschwili trägt und für alle Schäden, die ihm zugefügt werden, in vollem Umfang zur Rechenschaft gezogen werden muss; fordert Präsidentin Salome Surabischwili erneut auf, von ihrem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch zu machen, ihn zu begnadigen;

22.beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und der Präsidentin, der Regierung und dem Parlament Georgiens zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P10_TA(2024)0017.
(2) ABl. L261 vom 30.8.2014, S.4, ELI: http://data.europa.eu/eli/agree_internation/2014/494/oj.

Letzte Aktualisierung: 26. Februar 2025Rechtlicher Hinweis-Datenschutzbestimmungen