Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2022 zu der anhaltenden Unterdrückung der demokratischen Opposition und der Zivilgesellschaft in Belarus ()
Das Europäische Parlament,
–unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Belarus,
–unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und alle Menschenrechtsübereinkommen, deren Vertragspartei Belarus ist,
–unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 12.Oktober 2020,
–unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 21./22.Oktober 2021,
–unter Hinweis auf die Berichte internationaler und unabhängiger belarussischer Menschenrechtsorganisationen,
–unter Hinweis auf die Berichte vom 4.Mai 2021 und 20.Juli 2022 von Anaïs Marin, Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über die Menschenrechtssituation in Belarus, für den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und auf die Forderung von Sachverständigen der Vereinten Nationen vom 10.Oktober 2022 nach sofortiger Freilassung eines inhaftierten Nobelpreisträgers und anderer Menschenrechtsverteidiger in Belarus,
–unter Hinweis auf den Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 4.März 2022 über die Lage der Menschenrechte in Belarus vor und nach der Präsidentschaftswahl von 2020,
–unter Hinweis auf die Erklärung der Staats- und Regierungschefs der G7 vom 4.November 2022,
–unter Hinweis auf die Erklärung des Vertreters der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) für Medienfreiheit vom 13.Juli 2022 zu der anhaltenden Inhaftierung von Journalisten und Medienschaffenden in Belarus,
–unter Hinweis auf die Erklärung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 7.Oktober 2022 zu einem Gerichtsurteil gegen unabhängige Medienvertreter,
–gestützt auf Artikel144 Absatz5 und Artikel132 Absatz4 seiner Geschäftsordnung,
A.in der Erwägung, dass das belarussische Regime systematisch die Unterdrückung von Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidigern betreibt, mit der alle verbliebenen unabhängigen Stimmen in Belarus zum Schweigen gebracht werden sollen; in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge mehr als 10000 Belarussen zu unterschiedlichen Zeitpunkten wegen Protesten gegen das Regime festgenommen wurden; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger, Oppositionspolitiker, Vertreter der Zivilgesellschaft, Künstler, unabhängige Journalisten, die Führungsebene und Mitglieder von Gewerkschaften sowie andere engagierte Bürger systematisch gewaltsamen Repressionen ausgesetzt sind und zur Flucht gezwungen werden;
B.in der Erwägung, dass die Menschenrechtsverletzungen in Belarus seit August 2020 immer gravierender ausfallen und es Stand November 2022 über 1400 politische Gefangene gibt, darunter Ales Bjaljazki, der Friedensnobelpreisträger von 2022; in der Erwägung, dass die Liste der Gefangenen Minderjährige, Menschen mit Behinderungen, Rentner und Schwerkranke umfasst; in der Erwägung, dass die Gerichtsverfahren gegen politische Gefangene fortgesetzt wurden, wobei Strafen in bislang ungekanntem Ausmaß verhängt wurden;
C.in der Erwägung, dass das harte Vorgehen gegen die weithin unterstützte prodemokratische Oppositionsbewegung in Belarus stetig zunimmt; in der Erwägung, dass das Gericht des Gebiets Hrodna im Oktober 2022 gegen den politischen Aktivisten Mikalaj Autuchowitsch auf der Grundlage vollkommen haltloser Anschuldigungen, darunter auch Hochverrat, eine 25-jährige Haftstrafe verhängt hat; in der Erwägung, dass dies die längste Gefängnisstrafe ist, die jemals gegen einen Gegner des Lukaschenka-Regimes verhängt wurde; in der Erwägung, dass Mikalaj Autuchowitsch, der im Sommer in einen Hungerstreik eingetreten ist, seit Beginn seiner Haft ständig geschlagen und gefoltert wurde;
D.in der Erwägung, dass elf weitere Angeklagte in der Rechtssache zusammen mit Mikalaj Autuchowitsch als „Autuchowitsch-Zwölfergruppe“ bezeichnet und zu Haftstrafen von insgesamt 169,5Jahren verurteilt wurden, nämlich Pawal Sawa, Halina Dserbysch, Wolha Majorawa, Wiktar Snehur, Uladsimir Hundar, Sjarhej Rasanowitsch, Pawal Rasanowitsch, Ljubou Rawanowitsch, Iryna Melcher, Anton Melcher und Iryna Haratschkina; in der Erwägung, dass einige der Inhaftierten wiederholt in Einzelhaft genommen wurden, nachdem ihre Familien über gewaltsame Behandlung und sogar Folter der Gefangenen durch die Gefängniswärter berichtet hatten;
E.in der Erwägung, dass die belarussischen Gerichte viele Hunderte unfairer und willkürlicher Urteile in politisch motivierten Gerichtsverfahren im „Rundtanz“-Fall erlassen haben, wobei die Anhörungen oft hinter verschlossenen Türen und ohne ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren abgehalten wurden und Diplomaten der Union keinen Zugang zur Beobachtung der Verfahren hatten;
F.in der Erwägung, dass das Ermittlungskomitee von Belarus besondere Verfahren in Abwesenheit gegen führende Persönlichkeiten der demokratischen belarussischen Opposition und Mitglieder des Koordinierungsrates eingeleitet hat, nämlich gegen Swjatlana Zichanouskaja, Pawel Latuschka, Wolha Kawalkowa, Maryja Maros, Sjarhej Dyleuski, Dsmitry Nawoscha, Waleryja Zanemonskaja, Daniil Bohdanowitsch, Janina Sasanowitsch, Wolha Wyssozkaja, Aljaksandra Herassimowa, Aljaksandr Apejkin und Dsmitry Salawjou;
G.in der Erwägung, dass die führenden Politiker und Vertreter der demokratischen Oppositionsparteien, darunter Pawel Sewjarynez, Mikalaj Kaslou, Antanina Kawalewa, Aksana Aljaksejewa, Tazzjana und Dsmitry Kaneuski, Ihar Salawej, Pawel Spiryn, Uladsimir Njapomnjaschtschych, Aljaksandr Ahrajzowitsch, Pawel Belawus, Andrej Kudsik, Mikalaj Sjarhjenka, Ramuald Ulan, Aljaksandr Nahela, Andrej Kabanau, Artur Smaljakou, Andrej Asmalouski, Dsjana Tscharnuschyna, Mikalaj Statkewitsch, Sjarhei Zichanouski, Wiktar Babaryka, Maryja Kalesnikawa, Maksim Snak, Ihar Lossik und Sjarhej Sparysch weiterhin unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert sind;
H.in der Erwägung, dass das belarussische Regime Tausende von Berichten über Polizeibrutalität nicht untersucht; in der Erwägung, dass es stattdessen diejenigen, die für diese Handlungen verantwortlich sind, fördert und belohnt; in der Erwägung, dass sich durch die weitverbreitete Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen die verzweifelte Lage der belarussischen Bevölkerung weiter verfestigt; in der Erwägung, dass der belarussischen Bevölkerung ihr Recht auf ein faires Verfahren vorenthalten wird, da das Rechtsstaatsprinzip in dem Land nicht gilt;
I.in der Erwägung, dass Belarus das einzige Land in Europa ist, das die Todesstrafe vollstreckt und das Regime unlängst angekündigt hat, politische Gegner tatsächlich hinzurichten; in der Erwägung, dass das belarussische Strafgesetzbuch im Januar 2022 geändert und die Änderung von Lukaschenka im Mai 2022 in Kraft gesetzt wurde, womit die Todesstrafe auf „versuchte terroristische Handlungen“ ausgeweitet wurde, um politische Dissidenten ins Visier zu nehmen und Verfahren in Abwesenheit wegen „Extremismus“ oder „Terrorismus“ einzuleiten;
J.in der Erwägung, dass das Lukaschenka-Regime nach wie vor Folter anwendet und politische Gefangene unverändert davon berichten, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert und sie Erniedrigungen und unmenschlicher und grausamer Behandlung ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass Lukaschenka seine Kampagne gegen Menschenrechtsverteidiger und Journalisten ausgeweitet und Andrzej Poczobut, einen bekannten Journalisten und engagierten Vertreter der polnischen Minderheit in Belarus, festnehmen und in die „Terroristenliste“ des Staates aufnehmen lassen hat; in der Erwägung, dass die inakzeptable Verfolgung der Angehörigen der polnischen Minderheit und anderer Minderheiten zugenommen hat, wozu auch die jüngsten Entscheidungen der belarussischen Staatsorgane zählen, Bildungsangebote in polnischer und litauischer Sprache abzuschaffen, Hausdurchsuchungen bei führenden Vertretern der polnischen Minderheit durchzuführen und polnische Friedhöfe sowie die Gräber von polnischen Dichtern, Schriftstellern, Aufständischen und Soldaten der Heimatarmee zu zerstören; in der Erwägung, dass die Staatsorgane den Vertrag über die unentgeltliche Nutzung der Roten Katholischen Kirche mit der Gemeinschaft „Römisch-Katholische Gemeinde des Hl.Simon und der Hl.Helena“ aufgekündigt haben und die Gemeinde verpflichtet wurde, ihr Eigentum aus der Kirche zu entfernen;
K.in der Erwägung, dass nach Angaben des Sonderberichterstatters über die Lage der Menschenrechte in Belarus Hochschulstudenten willkürlich festgenommen und unrechtmäßig exmatrikuliert und vom Studium ausgeschlossen werden, wodurch die Wahrnehnung ihrer akademischen Freiheit eindeutig gefährdet ist;
L.in der Erwägung, dass Belarus sich von dem Übereinkommen von Aarhus zurückgezogen hat, mit dem erhebliche Erfolge bei der Stärkung der Zugangsrechte, der nachhaltigen Entwicklung und der Umweltdemokratie erzielt werden konnten;
M.in der Erwägung, dass die Behörden häufig auf Überwachung, Online-Zensur und Desinformation zurückgreifen und Technologien einsetzen, um Kontrolle über die Bevölkerung auszuüben; in der Erwägung, dass diese repressive Praxis einen weiteren Schritt hin zu digitalem Autoritarismus und zur Unterdrückung der Ausübung der digitalen Rechte von Personen in Belarus darstellt, was dazu führt, dass die Bürger immer stärker eingeschüchtert werden und der Raum für die Zivilgesellschaft immer kleiner wird; in der Erwägung, dass infolgedessen das Recht auf freie Meinungsäußerung faktisch nicht mehr gilt;
N.in der Erwägung, dass unabhängige Medien am 14.November 2022 über die strafrechtliche Verfolgung von Irena Waljus und Renata Dsemantschuk, führenden Vertreterinnen der Union der Polen in Belarus, berichtet haben;
O.in der Erwägung, dass das Lukaschenka-Regime in Belarus nach wie vor den ungerechtfertigten Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine unterstützt, indem es Russland gestattet, belarussisches Hoheitsgebiet für militärische Angriffe gegen die Ukraine zu nutzen;
P.in der Erwägung, dass Belarussen, die sich der Antikriegsbewegung angeschlossen haben, von repressiven Maßnahmen betroffen sind, sich in Verwaltungshaft befinden oder strafrechtlich verfolgt werden, darunter der Rechtsanwalt Aljaksandr Danilewitsch, der im Zusammenhang mit der Unterzeichnung einer öffentlichen Petition gegen den Krieg in der Ukraine strafrechtlich verfolgt wird, und die drei belarussischen Bürger Dsjanis Dsikun, Dsmitry Rawitsch und Aleh Maltschanau, gegen die wegen Sabotage an der Eisenbahninfrastruktur, womit sie den Transport russischen militärischen Geräts verhindern wollten, Anklage wegen Terrorismus erhoben werden soll;
Q.in der Erwägung, dass im Fall des Menschenrechtszentrums Wjasna eine Reihe strafrechtlicher Ermittlungen und Anklagen im Gange sind, unter anderem gegen Ales Bjaljazki, Waljanzin Stefanowitsch, Uladsimir Labkowitsch, Marfa Rabkowa, Leanid Sudalenka, Tazzjana Lassiza und Andrej Tshapjuk;
R.in der Erwägung, dass über 600 nichtstaatliche Organisationen aufgelöst wurden oder werden, darunter praktisch alle Menschenrechtsgruppen, die im Land tätig sind; in der Erwägung, dass die Verfolgung unabhängiger Gewerkschaften fortgesetzt wird und dass ihre Führungspersönlichkeiten und besonders engagierte Gewerkschafter weiter in Haft sitzen, darunter Aljaksandr Jaraschuk, Henads Fjadynitsch, Sjarhej Antussewitsch, Michail Hromau, Iryna But-Hussaim, Janina Malasch, Wassil Berasnjou, Sinaida Michnjuk, Aljaksandr Mischuk, Ihar Powarau, Jauhen Howar, Arzjom Schernak und Daniil Tscheunakou; in der Erwägung, dass der Oberste Gerichtshof von Belarus im Juli den belarussischen Kongress der Demokratischen Gewerkschaften aufgelöst hat, eine Dachorganisation unabhängiger Gewerkschaften, wodurch alle unabhängigen Gewerkschaften faktisch verboten wurden;
S.in der Erwägung, dass Journalisten, darunter Kazjaryna Andrejewa, Iryna Slaunikawa, Sjarhej Sazuk, Ihar Lossik, Ksenia Luzkina, Andrej Kusnetschyk und andere Journalisten, nach wie vor zu den Gruppen gehören, die das Regime vorrangig ins Visier nimmt; in der Erwägung, dass das Gericht des Gebiets Minsk am 6.Oktober 2022 drei Journalisten des verbotenen unabhängigen Medienunternehmens BelaPAN, nämlich Iryna Leuschyna, Chefredakteurin, Dsmitry Nawaschylau, Direktor, Andrei Aljaksandrau, stellvertretender Direktor, sowie die unabhängige Journalistin Iryna Slobina zu Haftstrafen von vier bis 14Jahren verurteilt hat;
T.in der Erwägung, dass das Recht, sich friedlich zu versammeln, ständig verletzt wird; in der Erwägung, dass seit dem Betrug bei der Präsidentschaftswahl im August 2020 keine Demonstrationen der Opposition mehr genehmigt wurden;
U.in der Erwägung, dass Lukaschenka seine Politik der Russifizierung von Belarus fortsetzt und dabei auf die Marginalisierung und Zerstörung von Ausprägungen der belarussischen nationalen Identität einschließlich Sprache, Bildung und Kultur hinwirkt, indem er auf willkürliche Festnahmen, Verhaftungen und insbesondere den brutalen Umgang mit Persönlichkeiten aus dem Kulturleben setzt;
1.zeigt sich unverändert entschlossen solidarisch mit der Bevölkerung von Belarus und den Mitgliedern der demokratischen Opposition und der Zivilgesellschaft, die sich nach wie vor für ein freies, souveränes und demokratisches Belarus einsetzen;
2.weist erneut darauf hin, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten das Ergebnis der Präsidentschaftswahl von 2020 wegen massiver Wahlfälschungen nicht anerkannt haben und Aljaksandr Lukaschenka nicht als Präsidenten von Belarus anerkennen; fordert, dass die demokratische Opposition in Belarus und die unabhängige Zivilgesellschaft, der auch Mitglieder der europäischen politischen Strömungen angehören, auch künftig unterstützt werden; begrüßt die Bildung des von Swjatlana Zichanouskaja geleiteten Vereinigten Übergangskabinetts von Belarus im Anschluss an die Gründung des Koordinierungsrates und des Krisenmanagementteams des Volkes (Narodnaje antykrysisnaje upraulenne, NAU); fordert die Kräfte der demokratischen Opposition auf, ihre Einheit auf der Grundlage des Ziels eines freien, demokratischen und unabhängigen Belarus zu wahren und zu fördern; weist darauf hin, dass viele Menschen in Belarus in Swjatlana Zichanouskaja die Gewinnerin der Präsidentschaftswahl 2020 sehen;
3.bekräftigt seine unerschütterliche Unterstützung für die demokratische Opposition und die Zivilgesellschaft in Belarus und fordert sie auf, weiterhin im Interesse der Bevölkerung des Landes zu handeln und einen Plan zur Reform des Landes auszuarbeiten; stellt fest, dass durch einen Sieg der Ukraine der demokratische Wandel in Belarus beschleunigt werden dürfte; bekräftigt, dass im Einklang mit den Grundsätzen der OSZE den legitimen Forderungen der Bevölkerung von Belarus nach Demokratie auf der Grundlage der Menschenrechte und Grundfreiheiten, des Wohlstands, der Souveränität und der Sicherheit entsprochen werden muss; bekräftigt seine früheren Forderungen nach einer freien und fairen Neuwahl unter internationaler Beobachtung durch das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE;
4.verurteilt aufs Schärfste die ungerechtfertigten und politisch motivierten Urteile, die gegen die sogenannte Autuchowitsch-Zwölfergruppe sowie gegen die über 1400 politischen Gefangenen verhängt wurden; fordert ein sofortiges Ende der Gewalt und Repression und die bedingungslose Freilassung aller politischen Gefangenen und aller Personen, die aus politisch motivierten Gründen willkürlich inhaftiert, festgenommen oder verurteilt wurden, und fordert, dass alle gegen sie erhobenen Anklagepunkte fallengelassen werden; fordert zudem ihre vollständige Rehabilitierung und eine finanzielle Entschädigung für die Schäden, die ihnen durch ihre unrechtmäßige Haft entstanden sind; betont, dass in der Zwischenzeit Informationen über ihren Haftort und ihre Haftbedingungen bereitgestellt werden müssen, dass sie Zugang zu Rechtsanwälten ihrer Wahl und medizinischer Unterstützung erhalten müssen und dass ihre Kommunikation mit Familienangehörigen sichergestellt werden muss; fordert, dass das Lukaschenka-Regime es ermöglicht, die Gerichtsverfahren gegen alle politischen Gefangenen, zu denen prodemokratische Aktivisten, Mitglieder der demokratischen Opposition, Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und Gewerkschafter zählen, zu beobachten und zu überwachen;
5.verurteilt auf das Schärfste die Verstrickung von Belarus in den ungerechtfertigten und unprovozierten Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine; verurteilt, dass erneut russische Streitkräfte in Belarus stationiert wurden; verurteilt, dass sich belarussische Amtsträger kriegstreiberisch gegenüber der Ukraine äußern und Drohungen gegen die Ukraine aussprechen; stellt fest, dass Lukaschenka und die eng mit ihm verbundenen Personen gleichermaßen für die Kriegsverbrechen in der Ukraine verantwortlich sind und vor dem Internationalen Gerichtshof und dem Internationalen Strafgerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden sollten;
6.fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und den EAD auf, mit internationalen Partnern wie dem Moskauer Mechanismus der OSZE und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten sowie Menschenrechtsverteidiger und die Zivilgesellschaft vor Ort uneingeschränkt zu unterstützen, damit Menschenrechtsverletzungen überwacht und dokumentiert werden können und über diese Verbrechen berichtet wird, die Täter anschließend zur Rechenschaft gezogen werden und den Opfern Gerechtigkeit widerfährt; begrüßt und unterstützt die Einrichtung der Internationalen Plattform für Rechenschaftspflicht in Belarus; bekräftigt, dass es sehr wichtig es ist, Belarus diplomatisch weiter zu isolieren, die diplomatische Präsenz der Union und ihrer Mitgliedstaaten in dem Land zu verringern und es auch in internationalen Organisationen weiter zu isolieren;
7.fordert die belarussischen Staatsorgane nachdrücklich auf, jegliche Unterdrückung, Verfolgung, Folter und Misshandlung der Bevölkerung des Landes, einschließlich der Gewalt gegen Frauen und schutzbedürftige Gruppen und des Verschwindenlassens, einzustellen; verurteilt nach wie vor die unmenschlichen Haftbedingungen und die unablässige Erniedrigung der politischen Gefangenen und die Verschlechterung ihres Gesundheitszustands;
8.ist besorgt darüber, dass Zulieferer großer Unternehmen mit Sitz in der Union Häftlinge in belarussischen Strafkolonien Zwangsarbeit verrichten lassen; fordert alle in der Union ansässigen Unternehmen auf, besondere Sorgfalt walten zu lassen und ihre Beziehungen zu belarussischen Zulieferern zu beenden, die Zwangsarbeit in ihren Lieferketten einsetzen, ihre Beschäftigten an der Ausübung ihrer bürgerlichen und politischen Rechte hindern oder das Gewaltregime offen unterstützen; fordert den Rat auf, Sanktionen gegen in Belarus tätige belarussische oder internationale Unternehmen zu verhängen, die Zwangsarbeit in ihren Lieferketten einsetzen, ihre Beschäftigten an der Ausübung ihrer bürgerlichen und politischen Rechte hindern oder das Gewaltregime offen unterstützen; fordert das Lukaschenka-Regime nachdrücklich auf, seine Praxis, in Strafkolonien Zwangsarbeit verrichten zu lassen, einzustellen;
9.verurteilt die Bemühungen Lukaschenkas, die belarussische Kultur und die Kulturen der Minderheiten des Landes zu zerstören und die belarussische Nation zu russifizieren; fordert die Union auf, unabhängige belarussische Kultureinrichtungen wie Theater, Chöre und Schulen sowie unabhängige belarussische Folkloregruppen und Künstler zu unterstützen; missbilligt den Beschluss des belarussischen Innenministeriums, das patriotische Motto des Landes „Schywe Belarus!“ („Es lebe Belarus!“) als angebliches Nazi-Motto zu brandmarken;
10.verurteilt entschieden, dass das russische Militär belarussisches Hoheitsgebiet für seine Aggression gegen die Ukraine nutzt; begrüßt die Maßnahmen aus der belarussischen Gesellschaft, mit denen Widerstand dagegen geleistet wird, das Hoheitsgebiet von Belarus für den Einmarsch Russlands in die Ukraine zu nutzen; bekundet dem Kastus-Kalinouski-Regiment und dem Pahonja-Regiment, die die Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen den Angriffskrieg Russlands unterstützen, seine Unterstützung; unterstützt den Standpunkt der demokratischen Opposition und der Zivilgesellschaft von Belarus, dass das Land als besetztes oder de facto besetztes Gebiet anerkannt werden sollte, und schließt sich deren Forderung nach dem sofortigen Abzug der russischen Streitkräfte aus Belarus und der Ukraine an;
11.fordert den Rat und die Kommission erneut auf, die Umgehung von Sanktionen zu verhindern, und fordert, dass sämtliche gegen Russland verhängten Sanktionen in genau gleicher Weise auch gegen Belarus verhängt werden, auch in künftigen Sanktionsrunden; fordert die Kommission, die Mitgesetzgeber und die Mitgliedstaaten auf, die rechtliche Regelung zu vervollständigen, auf deren Grundlage durch die Union eingefrorene Vermögenswerte eingezogen werden können, was auch die Einziehung der Vermögenswerte von Lukaschenka, seiner Familie und des inneren Kreises der Unterstützer des Regimes ermöglichen würde, dem Richter, Staatsanwälte und Propagandisten sowie Mitglieder der Milizen, des KDB und der Sicherheitsorgane angehören, die an Repressionen, Verurteilungen, unrechtmäßiger Inhaftierung und Folter beteiligt sind, und diese Mittel dafür zu verwenden, die Opfer des Regimes und die demokratische Opposition in Belarus zu unterstützen;
12.begrüßt, dass der Friedensnobelpreis 2022 dem Menschenrechtsverteidiger, Gründer des Menschenrechtszentrums Wjasna und Sacharow-Preisträger 2020, Ales Bjaljazki, verliehen wurde; missbilligt, dass Ales Bjaliatski, Waljanzin Stefanowitsch und Uladsimir Labkowitsch noch immer inhaftiert sind, dass der Grund für ihre Haft politisch motivierte Vorwürfe– Schmuggel und die Finanzierung gemeinschaftlich begangener Verstöße gegen die öffentliche Ordnung– sind, und dass sie zu Freiheitsstrafen von bis zu 12Jahren verurteilt wurden, und fordert ihre sofortige und bedingungslose Freilassung; schließt sich der Forderung des Vorsitzes des norwegischen Nobelkomitees an das Lukaschenka-Regime an, dafür zu sorgen, dass Ales Bjaljazki vor der Verleihung des Friedensnobelpreises am 10.Dezember 2022 freigelassen wird;
13.begrüßt, dass im Europarat in Zusammenarbeit mit den demokratischen Kräften und der Zivilgesellschaft von Belarus eine Kontaktgruppe eingerichtet wurde; fordert die Organe der Union, die Mitgliedstaaten und internationale Organisationen auf, die systematische Zusammenarbeit mit den demokratischen Vertretern von Belarus zu verbessern;
14.begrüßt, dass die Union und die Mitgliedstaaten, insbesondere Polen und Litauen, Belarussen Unterstützung und Schutz gewähren, die gezwungen sind, aus dem Land zu fliehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Solidarität mit den Menschen, die aus Belarus fliehen, aufrechtzuerhalten, und fordert die Kommission auf, diese Bemühungen weiter zu unterstützen;
15.begrüßt den umfassenden Plan der Kommission zur wirtschaftlichen Unterstützung für ein demokratisches Belarus, fordert jedoch, dass diese Mittel sofort abrufbar sind, um die wesentliche Arbeit der Zivilgesellschaft, der unabhängigen Medien, der Gewerkschaften und der belarussischen Opposition im Exil sowie derjenigen zu unterstützen, die vor dem Unterdrückungsregime fliehen; fordert die europäischen politischen Parteien und Stiftungen auf, die Mitglieder ihrer belarussischen Partnerparteien und generell die Opposition unmittelbar zu unterstützen; fordert die Kommission auf, unabhängige Nachrichtenmedien, insbesondere neue Medien wie Nexta, die trotz eines großen Publikums in Belarus keine finanzielle Unterstützung der Union erhalten haben, künftig zu unterstützen;
16.fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die demokratische Opposition, die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger, Gewerkschaftsvertreter und unabhängige Medien, die in Belarus und jenseits der Grenzen des Landes tätig sind, weiter zu unterstützen, um den künftigen demokratischen Wandel des Landes vorzubereiten; lobt den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) dafür, dass er Swjatlana Zichanouskaja regelmäßig zu den Tagungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) einlädt, auch zu dem Rundtischgespräch am 14.November 2022; begrüßt in diesem Zusammenhang die Einrichtung der Mission für ein demokratisches Belarus in Brüssel;
17.fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Regeln und Verfahren für den Umgang mit Fällen auszuarbeiten, in denen Menschenrechtsverteidigern und anderen politisch engagierten Angehörigen der Zivilgesellschaft ihre belarussische Staatsbürgerschaft entzogen wird, und in der Union wohnhafte belarussische Staatsangehörige zu unterstützen, bei denen die Gültigkeit ihrer Ausweispapiere bald abläuft und die– da sie nicht nach Belarus zurückkehren können– keine Möglichkeit haben, sie verlängern zu lassen;
18.fordert den Rat und den HR/VP auf, über die Sanktionen hinaus weitere Maßnahmen zu prüfen und einen schlüssigen und umfassenden langfristigen Ansatz gegenüber Belarus zu entwickeln, der eng mit gleichgesinnten Ländern und internationalen Organisationen abgestimmt ist; fordert den EAD auf, bei der Koordinierung einer schlüssigen Politik mit den Mitgliedstaaten und anderen Organen der Union eine Führungsrolle zu übernehmen;
19.missbilligt den Beschluss von Belarus, sich aus dem Übereinkommen von Aarhus zurückzuziehen, insbesondere im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Astrawez, ohne die Empfehlungen aus den Stresstests vollständig umzusetzen, und bedauert weitere Nachlässigkeiten in Bezug auf die Einhaltung der strengsten Vorschriften im Bereich der nuklearen Sicherheit am Standort des Kernkraftwerks Astrawez; verurteilt, dass das belarussische Regime Umweltschützer, Menschenrechtsverteidiger und nichtstaatliche Organisationen, die Fragen der nuklearen Sicherheit ansprechen, brutal verfolgen lässt;
20.beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, den Staatsorganen der Republik Belarus und der Russischen Föderation und den Vertretern der demokratischen Opposition von Belarus zu übermitteln.