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RC-B9-0389/2020

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PV26/11/2020-8.3
CRE26/11/2020-8.3

Abstimmungen :

PV26/11/2020-10
PV26/11/2020-16

Angenommene Texte :

P9_TA(2020)0331

Angenommene Texte
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Donnerstag, 26. November 2020-Brüssel
Die anhaltenden Verstöße gegen die Menschenrechte in Belarus, insbesondere die Ermordung von Raman Bandarenka
P9_TA(2020)0331RC-B9-0389/2020

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. November 2020 zu den anhaltenden Menschenrechtsverstößen in Belarus und insbesondere dem Mord an Raman Bandarenka ()

Das Europäische Parlament,

–unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Belarus, insbesondere jene vom 17.September 2020 zur Lage in Belarus(1), vom 4.Oktober 2018 zu der Einschränkung der Medienfreiheit in Belarus‚ insbesondere dem Fall der Charta97(2), vom 19.April 2018 zu Belarus(3), vom 6.April 2017 zur Lage in Belarus(4), und vom 24.November 2016 zur Lage in Belarus(5),

–unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 21.Oktober 2020 an den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) zu den Beziehungen mit Belarus(6),

–unter Hinweis auf den Sacharow-Preis für geistige Freiheit 2020, der am 22.Oktober 2020 der demokratischen Opposition in Belarus verliehen wurde,

–unter Hinweis auf die Erklärung des Präsidenten des Europäischen Parlaments vom 13.August 2020 und die Erklärung der führenden Vertreter von fünf Fraktionen vom 17.August 2020 zur Lage in Belarus nach der sogenannten Präsidentschaftswahl vom 9.August 2020,

–unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 1. Oktober 2020 und vom 16.Oktober 2020 und die Schlussfolgerungen des Rates vom 12.Oktober 2020,

–unter Hinweis auf den Beschluss des Rates vom 6.November 2020, 15Vertreter der belarussischen Staatsorgane, darunter Aljaksandr Lukaschenka, auf die Liste der mit Sanktionen belegten Personen zu setzen, wodurch sich die Zahl der belarussischen Staatsbürger, die einem Reiseverbot unterliegen und deren Vermögenswerte eingefroren werden, auf 59 erhöht hat; unter Hinweis auf den Beschluss des Rates vom 17.Februar 2020, das seit 2004 gegenüber Belarus geltende Embargo auf die Ausfuhr von Waffen und von Ausrüstung, die für innerstaatliche Repressionen verwendet werden könnten, zu verlängern(7),

–unter Hinweis auf das Hauptergebnis der außerordentlichen Tagung des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 14.August 2020 und die Schlussfolgerungen des Präsidenten des Europäischen Rates vom 19.August 2020 zur Lage in Belarus nach der Präsidentschaftswahl vom 9.August 2020,

–unter Hinweis auf die zahlreichen aktuellen Erklärungen und Äußerungen des VP/HR zu Belarus, insbesondere jene vom 11.August 2020 und 17.August 2020, und auf die früheren Erklärungen des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), insbesondere jene vom 13.November 2020 zum Tod von Raman Bandarenka, sowie jene zur Anwendung der Todesstrafe in Belarus,

–unter Hinweis auf die Erklärung des VP/HR vom 7.September 2020 zu willkürlichen und ungeklärten Festnahmen und Inhaftierungen aus politischen Gründen und die Erklärung des Hohen Vertreters im Namen der Europäischen Union vom 11.September 2020 zur Eskalation von Gewaltanwendung und Einschüchterungsmaßnahmen gegen Mitglieder des Koordinierungsrats; unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der EU-Delegation in Belarus im Namen der in Minsk vertretenen EU-Mitgliedstaaten, der britischen Botschaft, der Botschaft der Schweiz und der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika vom 17.November 2020 zur Verschlechterung der Menschenrechtslage in Belarus,

–unter Hinweis auf die Erklärungen der Vereinten Nationen zur Lage in Belarus, insbesondere die Erklärungen der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 13.August 2020 und 19.November 2020 und des Sprechers der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 21.August 2020, 11.September 2020 und 13.November 2020 sowie die während der Dringlichkeitsdebatte zur Menschenrechtslage auf der 45.Tagung des Menschenrechtsrats am 18.September 2020 abgegebenen Erklärungen,

–unter Hinweis auf den Bericht der Sonderberichterstatterin des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Belarus vom 17.Juli 2020 und auf die Resolution des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 17. September 2020 zur Menschenrechtslage in Belarus vor und nach der Präsidentschaftswahl 2020,

–unter Hinweis auf den am 5.November 2020 veröffentlichten Bericht des Berichterstatters der OSZE im Rahmen des Moskauer Mechanismus zu mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl vom 9.August 2020 in Belarus,

–unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und alle Menschenrechtsübereinkommen, deren Vertragspartei Belarus ist,

–gestützt auf Artikel144 Absatz5 und Artikel132 Absatz4 seiner Geschäftsordnung,

A.in der Erwägung, dass die beispiellosen friedlichen Proteste und Streiks in Belarus nun bereits mehr als 100Tage andauern, was ein Beleg für das Ausmaß der Unzufriedenheit und die Mobilisierung der belarussischen Gesellschaft gegen die massive Fälschung des Wahlergebnisses und die Menschenrechtsverletzungen seitens des autokratischen Regimes des Landes ist; in der Erwägung, dass die stärkste Beteiligung an den Protesten jeweils an den Wochenenden bei den „Märschen der Einheit“ zu verzeichnen ist und dass es Proteste diesen Umfangs mit Hunderttausenden von Teilnehmern in der Geschichte von Belarus bislang nicht gegeben hat;

B.in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane auf die berechtigten und friedlichen Proteste mit Gewalt, Repressionsmaßnahmen, systematischer Einschüchterung, Drangsalierung, der Beschneidung der Grundrechte und unmenschlicher Behandlung, darunter Folter und sexualisierte Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger und andere im Verlauf der Proteste inhaftierte Personen, reagieren; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger über 500Fälle von Folter und Misshandlung dokumentiert haben, wobei zudem mehrere Menschen vermisst werden oder tot aufgefunden wurden, darunter Aljaksandr Tarajkouski, Kanstanzin Schyschmakou, Arzjom Parukou, Aljaksandr Wichor und Henads Schutau; in der Erwägung, dass Belarus das einzige Land in Europa ist, das nach wie vor die Todesstrafe vollstreckt;

C.in der Erwägung, dass schätzungsweise über 25000 Belarussen vor bzw. nach der Wahl vom 9. August 2020 wegen ihres Protests gegen das Regime festgenommen wurden, darunter ältere Menschen, Frauen und Kinder; in der Erwägung, dass zuletzt am 8. bzw. 15.November 2020 mehr als 1000 Menschen während der anhaltenden friedlichen Proteste in Haft genommen wurden; in der Erwägung, dass es in Belarus über 125 politische Häftlinge gibt;

D.in der Erwägung, dass der 31-jährige Kunstlehrer Raman Bandarenka am Abend des 11.November 2020 von einer Gruppe maskierter Männer in Zivil brutal zusammengeschlagen wurde, die Berichten zufolge enge Verbindungen zum Lukaschenka-Regime unterhalten; in der Erwägung, dass Raman Bandarenka in der Haft weiter geschlagen wurde und nach zwei Stunden mit Kopfverletzungen in ein Krankenhaus gebracht wurde, denen er am folgenden Tag erlag; in der Erwägung, dass die Staatsorgane versuchen, sich der Verantwortung zu entziehen, indem sie behaupten, Raman Bandarenka sei von „besorgten Bürgern“ zusammengeschlagen worden, und indem die beiden Hinweisgeber, ein Arzt und eine Journalistin, strafrechtlich verfolgt werden;

E.in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane es versäumt haben, unverzüglich die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur Untersuchung einer Straftat zu ergreifen, und dass in den darauffolgenden Tagen in Belarus mehr als 1100Personen, die des Todes von Raman Bandarenka gedachten, inhaftiert wurden; in der Erwägung, dass das Untersuchungskomitee der Republik Belarus Vertretern der orthodoxen und der katholischen Kirche mitgeteilt hat, sie hätten gegen das Gesetz verstoßen, als sie die Zerstörung des Mahnmals zum Gedenken an Raman Bandarenka durch die Sicherheitskräfte verurteilten;

F.in der Erwägung, dass die Staatsorgane nicht etwa diejenigen, die für den Tod von Raman Bandarenka verantwortlich sind, vor Gericht stellen, sondern diejenigen strafrechtlich verfolgen, die versuchen, die Wahrheit über die Umstände seines Todes in Erfahrung zu bringen; in der Erwägung, dass die Generalstaatsanwaltschaft von Belarus am 19. November 2020 gemäß Artikel 178 Absatz 3 des belarussischen Strafgesetzbuches („Offenlegung eines Arztgeheimnisses mit schwerwiegenden Folgen“) ein Strafverfahren eingeleitet hat; in der Erwägung, dass Kazjaryna Baryssewitsch, eine Journalistin der unabhängigen Medieneinrichtung TUT.BY, die über den Tod von Raman Bandarenka berichtete, im Anschluss an ihre Berichte festgenommen wurde;

G.in der Erwägung, dass das belarussische Innenministerium am 12.Oktober 2020 in einer Erklärung verkündete, bereit zu sein, scharfe Munition gegen Demonstranten einzusetzen; in der Erwägung, dass die Staatsorgane bei mehreren Protestkundgebungen Blendgranaten und Pfefferspray eingesetzt sowie Gummigeschosse direkt auf Personen abgefeuert und Schüsse in die Luft abgegeben haben; in der Erwägung, dass es ständig zu Behinderungen des Verkehrs und der Kommunikation kommt, wozu insbesondere Beschränkungen des Zugangs zum Internet gehören, mit denen Proteste verhindert oder zerstreut werden sollen;

H.in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane unabhängige Journalisten des Landes und Bürger, die über die Ereignisse berichten, weiterhin massiv unterdrücken und danach trachten, einer objektive Berichterstattung zu verhindern; in der Erwägung, dass es allein am 15.November 2020 zur Festnahme von 23Journalisten gekommen ist, die über Proteste im Gedenken an Raman Bandarenka in mehreren belarussischen Städten berichteten; in der Erwägung, dass ausländische Medien und Journalisten nicht nach Belarus einreisen dürfen;

I.in der Erwägung, dass während und nach der Wahl insgesamt 390 Journalisten strafrechtlich verfolgt wurden, von denen 77 wegen Verwaltungsvergehen kurze Haftstrafen von bis zu 15 Tagen verbüßen mussten; in der Erwägung, dass Stand 23. November 2020 nach Angaben des Belarussischen Journalistenverbands 14 Journalisten wegen Verwaltungsvergehen oder Straftaten in Haft sitzen;

J.in der Erwägung, dass willkürliche Inhaftierungen und Festnahmen von Journalisten häufig mit Gewalt einhergehen und anschließend professionelle Ausrüstung beschädigt und beschlagnahmt und aufgenommenes Bildmaterial gelöscht wird; in der Erwägung, dass drei Journalistinnen bei der Ausübung ihrer journalistischen Tätigkeit durch Gummigeschosse verletzt wurden;

K.in der Erwägung, dass ausländischen Korrespondenten, die zur Berichterstattung über die Wahl eingereist sind, die Akkreditierung verweigert wurde; in der Erwägung, dass das belarussische Außenministerium am 2. Oktober 2020 allen ausländischen Journalisten im Land die Akkreditierung entzogen und diesen Schritt als Teil einer Reform der Vorschriften und Verfahren des Landes für die Medien bezeichnet hat;

L.in der Erwägung, dass in Belarus selbst Kinder Ziel von Repressionen geworden sind, indem deren Eltern damit gedroht wird, ihnen wegen der Teilnahme an Protesten das Sorgerecht zu entziehen;

M.in der Erwägung, dass die EU Sanktionen gegen 40Personen verhängt hat, die für Gewalt, Unterdrückung und Wahlfälschung verantwortlich sind; in der Erwägung, dass der Europäische Rat am 6.November 2020 beschlossen hat, 15Vertreter der belarussischen Staatsorgane, einschließlich Aljaksandr Lukaschenka und seines Sohnes, auf die Liste der mit Sanktionen belegten Personen zu setzen; in der Erwägung, dass weitere Sanktionen gegen Personen und Unternehmen vorbereitet werden; in der Erwägung, dass das Kernkraftwerk Astrawez am 3.November 2020 in Betrieb gegangen ist, was neue Bedenken hinsichtlich seiner Sicherheit aufkommen lässt;

N.in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane die Berichte über weit verbreitete Polizeibrutalität und Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen bisher nicht zum Anlass genommen haben, entsprechende Untersuchungen einzuleiten; in der Erwägung, dass den Opfern ihr Recht auf ein faires Verfahren durch die fehlende Rechtsstaatlichkeit vorenthalten wird;

1.verurteilt auf das Allerschärfste den Mord an Raman Bandarenka und spricht seiner Familie sowie allen Familien, die infolge der Repressionen des Lukaschenka-Regimes Angehörige verloren haben, sein Beileid aus;

2.fordert unverzügliche, gründliche, unparteiische und unabhängige Untersuchungen zum Tod von Raman Bandarenka und den im Zusammenhang mit den Demonstrationen stehenden Todesfällen von Aljaksandr Tarajkouski, Aljaksandr Wichor, Arzjom Parukou, Henads Schutau und Kanstanzin Schyschmakou;

3.fordert die belarussischen Staatsorgane auf, alle politischen Gefangenen umgehend freizulassen, darunter Dr. Arzjom Sarokin und die Journalistin Kazjaryna Baryssewitsch, die offengelegt hat, dass die Staatsmacht die Ermordung von Raman Bandarenka verschleiern will;

4.bekräftigt seine Unterstützung für die Demonstranten in Belarus, die Freiheit, Demokratie, Würde und das Recht, selbst über ihr Schicksal zu bestimmen, fordern; verurteilt die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen und Einschüchterungen und die unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt gegen friedliche Demonstranten;

5.fordert die unverzügliche Freilassung des Arztes, der im öffentlichen Interesse liegende Informationen über den Tod von Raman Bandarenka an die Medien weitergegeben hat, ohne die Rechte der Familie des Opfers zu verletzen;

6.fordert die Staatsorgane von Belarus nachdrücklich auf, alle Formen von Gewalt, Misshandlung, geschlechtsspezifischer Gewalt und Folter gegen belarussische Bürgerinnen und Bürger und gegen in Belarus inhaftierte Personen einzustellen, ihnen Zugang zu medizinischer und rechtlicher Beratung zu gewähren und alle willkürlich inhaftierten Personen umgehend und bedingungslos freizulassen, auch jene, die inhaftiert wurden, weil sie an Demonstrationen gegen das Wahlergebnis oder gegen die von den Staatsorganen verübten Gewaltakte teilgenommen oder Unterstützung für diese Demonstrationen bekundet haben;

7.verurteilt aufs Schärfste jedweden Rückgriff auf Einschüchterungen, Schikanierungen, willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen sowie Misshandlungen von Bürgern und prangert die Menschenrechtsverletzungen an, die von den belarussischen Staatsorganen oder auf deren Weisung begangen werden; fordert, alle Formen der Schikanierung von Bürgern sofort einzustellen, etwa Entlassungen von Arbeitnehmern oder Exmatrikulationen von Studierenden wegen der Teilnahme an Streiks oder Demonstrationen, den Entzug der journalistischen Akkreditierung, die als Strafmaßnahme vorgenommene Unterbrechung kommunaler Dienste wie Wasser- oder Wärmeversorgung, den Entzug des Sorgerechts für Kinder, die Sperrung privater Bankkonten und die Herbeiführung von Internetausfällen;

8.fordert alle belarussischen Strafvollzugsbediensteten und all jene, die auf Weisung der belarussischen Staatsorgane handeln, auf, die Gewalt gegen Zivilisten umgehend einzustellen und keine verbrecherischen Befehle und Anweisungen zur Anwendung unverhältnismäßigen Zwangs sowie von Gewalt, Folter und Misshandlung gegen Bürger auszuführen; fordert, dass im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen eine eigene Definition von Folter in das Strafgesetzbuch von Belarus aufgenommen wird und im Zuge einer Gesetzesänderung das Verschwindenlassen zu einem Straftatbestand erklärt wird;

9.missbilligt die völlige Widerwilligkeit der Staatsorgane, bei der Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen gegen friedliche Bürger Fälle von Misshandlung und Folter durch Strafverfolgungsbeamte zu untersuchen; betont, dass darin die vorsätzliche und systematische Politik der Unterdrückung und Straflosigkeit zum Ausdruck kommt, was daran noch deutlicher wird, dass die Staatsmacht den beteiligten Polizei- und Sondereinsatzkräften nach wie vor höchste Anerkennung für ihre Beteiligung an Verbrechen gegen die Bevölkerung zollt;

10.erkennt das Ergebnis der sogenannten Präsidentschaftswahl vom 9.August 2020 nicht an und bekundet der belarussischen Bevölkerung seine uneingeschränkte Unterstützung für ihre berechtigten Forderungen nach einem sofortigen Ende der autoritären Unterdrückung, der Achtung der Grundfreiheiten und Menschenrechte, demokratischer Vertretung, politischer Teilhabe sowie einer freien und fairen Neuwahl im Einklang mit internationalen Normen und unter der Beobachtung des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der OSZE;

11.fordert alle in Belarus tätigen Unternehmen auf, im Einklang mit den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte besondere Sorgfalt walten zu lassen und ihrer Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte nachzukommen;

12.beharrt darauf, dass die Rechte der Bürger auf Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit, Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung sowie Medienfreiheit gewährleistet und mithin de jure und de facto sämtliche Beschränkungen aufgehoben werden müssen, die der Ausübung dieser Freiheiten entgegenstehen;

13.bekräftigt, dass es sehr wichtig ist, rechtsstaatliche Verhältnisse einzuführen, damit die Grundfreiheiten und Menschenrechte geachtet werden, und eine funktionierende unabhängige Justiz einzurichten, damit das Recht auf anwaltlichen Beistand, ein faires Verfahren und Rechtsmittel gewahrt werden kann;

14.fordert die Kommission auf, ihre Unterstützung für unabhängige Medien in Belarus zu verstärken, deren Überleben und Tätigkeit von wesentlicher Bedeutung sind, damit die belarussische Öffentlichkeit und die internationale Gemeinschaft objektiv über die Ereignisse in Belarus informiert werden;

15.verurteilt aufs Schärfste, dass die Todesstrafe noch immer angewandt wird, und fordert ihre sofortige und dauerhafte Abschaffung und –bis zum Inkrafttreten der Abschaffung– ein Moratorium für die Vollstreckung der Todesstrafe und ein wirksames Recht auf Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen Todesurteile;

16.fordert die belarussischen Staatsorgane auf, die Übergriffe auf Journalisten und Medienschaffende sowie die Inhaftierung und Dämonisierung von Journalisten und Medienschaffenden einzustellen und auf den tatsächlichen Schutz der Medienfreiheit hinzuarbeiten;

17.fordert, dass sich die EU für eine internationale Untersuchung der Verbrechen, die das Lukaschenka-Regime gegen die belarussische Bevölkerung verübt hat, einsetzt, und ist der Ansicht, dass diese Untersuchung durch die Einrichtung eines Beweiserhebungszentrums und einer EU-Arbeitsgruppe aus internationalen Völkerrechtsexperten unterstützt werden sollte, um künftige internationale Ermittlungen voranzubringen; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und den EAD auf, die Bemühungen des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen und des Moskauer Mechanismus der OSZE sowie Menschenrechtsverteidiger und die Zivilgesellschaft uneingeschränkt zu unterstützen, um sicherzustellen, dass Menschenrechtsverletzungen dokumentiert und über diese Verbrechen berichtet wird, die Täter anschließend zur Rechenschaft gezogen werden und den Opfern Gerechtigkeit widerfährt;

18.verurteilt die Maßnahmen der Nationalversammlung von Belarus, belarussischen Bürgern aus politischen Gründen die Staatsbürgerschaft zu entziehen;

19.verurteilt das scharfe Vorgehen gegen Menschenrechtsverteidigerinnen, insbesondere die Festnahmen von Marfa Rabkowa und Maryna Kastyljantschanka vom Menschenrechtszentrum Wjasna, und fordert ein sofortiges Ende der geschlechtsspezifischen Schikanierung engagierter Bürgerinnen;

20.ist der Ansicht, dass die Verleihung des Sacharow-Preises für geistige Freiheit 2020 an die demokratische Opposition in Belarus infolge der Pandemie einstweilen in Form einer per Videokonferenz übertragenen Zeremonie stattfinden sollte; betont jedoch, dass eine Zeremonie, wie es sie bisher gab, organisiert werden sollte, sobald die Lage dies zulässt;

21.hebt hervor, dass die bislang von der EU und den Mitgliedstaaten gegen das Lukaschenka-Regime ergriffenen Maßnahmen unzureichend sind, und begrüßt den Beschluss des Rates, ein drittes Sanktionspaket auszuarbeiten, das sich gegen Unternehmen und Oligarchen mit Verbindungen zum Lukaschenka-Regime richtet; fordert eine glaubwürdige Erweiterung der Sanktionsliste der EU;

22.unterstützt die Einleitung einer alsbaldigen Informationsreise des Europäischen Parlaments nach Vilnius und Warschau sowie die Zusammenarbeit mit der Opposition in Belarus, um eine mögliche Vermittlungstätigkeit und mögliche Maßnahmen zur Unterstützung der Demokratie auszuloten; betont, dass eine weitere Vermittlungstätigkeit und weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Demokratie erforderlich sind, etwa die Entsendung einer hochrangigen Mission im Anschluss an die Informationsreise;

23.fordert, sämtliche Transfers von EU-Mitteln und die Vergabe von Darlehen durch die Europäische Investitionsbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und andere Institute an die derzeitige Regierung von Belarus und staatlich kontrollierte Projekte einzufrieren; fordert den EAD auf, die Verhandlungen über die Prioritäten der Partnerschaft EU-Belarus auszusetzen, bis eine freie und faire Präsidentschaftswahl stattgefunden hat;

24.fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, die Unterstützung für die Zivilgesellschaft in Belarus aufzustocken und das Engagement der EU zur Unterstützung von unabhängigen Organisationen der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidigern und unabhängigen Journalisten, insbesondere jenen, die in Haft sitzen, durch Beobachtung ihrer Gerichtsverfahren zu verstärken; fordert die Kommission auf, dringend ein Stipendienprogramm für Studierende und Lehrkräfte aufzulegen, die wegen ihrer prodemokratischen Haltung von belarussischen Universitäten verwiesen wurden; fordert die Kommission auf, ein gezieltes EU-Hilfsprogramm aufzulegen, um Opfern politischer Unterdrückung und von Polizeigewalt zu helfen;

25.verurteilt die Ausweisung von EU-Diplomaten aus Belarus und fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, in Erwägung zu ziehen, den Umfang ihres diplomatischen Engagements gegenüber dem Land zu verringern;

26.missbilligt die von den belarussischen Staatsorganen übermittelten Auslieferungsersuchen gegen Szjapan Puzila und Raman Pratassewitsch, die Gründer der in Warschau ansässigen Kanäle Telegram Next und Nexta Live, die vom Komitee für Staatssicherheit der Republik Belarus (KDB) in die Liste der Personen aufgenommen wurden, die an terroristischen Aktivitäten beteiligt waren;

27.fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Empfehlungen des OSZE-Berichterstatters im Rahmen des Moskauer Mechanismus in Bezug auf die Gewährung von Asyl in Fällen von strafrechtlicher Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention umzusetzen; legt den Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang nahe, die Verfahren für die Vergabe von Visa an Personen, die aus politischen Gründen aus Belarus fliehen, weiter zu vereinfachen und ihnen und ihren Familien die erforderliche Hilfe und Unterstützung zu gewähren;

28.verurteilt, dass Medien unterdrückt werden, der Zugang zum Internet gestört wird, Falschinformationen verbreitet werden und Journalisten und Blogger verprügelt, festgenommen und eingeschüchtert werden; betont, dass die belarussische Bevölkerung das Recht auf ungehinderten Zugang zu Informationen hat; fordert die EU auf, auf die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente zurückzugreifen, um Medien und Journalisten zu unterstützen, gegen die das Regime mit Repressionsmaßnahmen vorgeht;

29.beharrt darauf, dass belarussische Arbeitnehmer ihr Recht auf friedlichen Streik ausüben dürfen sollten, ohne dass sie Gefahr laufen, gekündigt, festgenommen oder anderen Repressalien ausgesetzt zu werden;

30.bedauert, dass das Kernkraftwerk Astrawez nicht den höchsten internationalen Umweltschutz- und Sicherheitsnormen entspricht; unterstützt die Bemühungen um die Solidarität der Union in der Frage des Verbots der Einfuhr von Energie aus dem Kernkraftwerk Astrawez in den Binnenmarkt;

31.bekräftigt seine Forderung an den Rat und die Kommission, ohne weitere Verzögerungen einen umfassenden, wirksamen und rechtzeitig wirkenden unionsweiten Mechanismus mit restriktiven Maßnahmen – einen europäischen Magnitski-Rechtsakt – einzuführen, mit dem gezielte Strafmaßnahmen gegen Einzelpersonen, staatliche und nichtstaatlichen Akteure oder sonstige Einrichtungen ermöglicht werden, die für schwere Menschenrechtsverletzungen und -verstöße und Korruption verantwortlich oder daran beteiligt sind;

32.beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Organisationen für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und den Staatsorganen der Republik Belarus zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0231.
(2) ABl. C11 vom 13.1.2020, S.18.
(3) ABl. C390 vom 18.11.2019, S.100.
(4) ABl. C298 vom 23.8.2018, S.60.
(5) ABl. C224 vom 27.6.2018, S.135.
(6) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0280.
(7) ABl. L45 vom 18.2.2020, S.3.

Letzte Aktualisierung: 26. Februar 2021Rechtlicher Hinweis-Datenschutzbestimmungen