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Ausführung des Haushaltsplans

Die Kommission führt den Haushaltsplan in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und unter der politischen Kontrolle des Europäischen Parlaments aus.

Rechtsgrundlage

  • Artikel290, 291, 317, 318, 319, 321, 322 und323 des (AEUV) und Artikel179 des Euratom-Vertrags;
  • die „Haushaltsordnung“: des Europäischen Parlaments und Rates vom 18.Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union;
  • die zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans im Hinblick auf die Einführung neuer Eigenmittel.

Ziel

Die Kommission ist für die Ausführung der Einnahmen und Ausgaben des Haushaltsplans im Rahmen der bewilligten Mittel gemäß den Verträgen und den Bestimmungen und Anweisungen der Haushaltsordnung zuständig (1.4.3).

Die Mitgliedstaaten arbeiten mit der Kommission zusammen, um sicherzustellen, dass die Mittel nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung, d.h. sparsam, wirtschaftlich und wirksam, verwendet werden.

Beschreibung

A. Grundlegendes Verfahren

Die Ausführung des Haushaltsplans umfasst zwei grundlegende Vorgänge: Mittelbindungen, auf die Zahlungen folgen. Die Mittelbindung beinhaltet den Beschluss, einen bestimmten Betrag einer bestimmten Haushaltslinie zur Finanzierung einer konkreten Tätigkeit zu verwenden. Nachdem die entsprechenden rechtlichen Verpflichtungen (z.B. Verträge) eingegangen und die in Auftrag gegebenen Dienstleistungen oder Arbeiten erbracht bzw. die bestellten Waren geliefert wurden, werden die Ausgaben angewiesen und die Zahlungen vorgenommen.

B. Arten des Haushaltsvollzugs

Die Kommission kann den Haushalt nach einer der folgenden Methoden ausführen:

  • direkt über ihre Dienststellen oder über Exekutivagenturen („direkte Mittelverwaltung“),
  • gemeinsam mit den Mitgliedstaaten („geteilte Mittelverwaltung“),
  • indirekt im Wege der Übertragung von Haushaltsvollzugsaufgaben an Einrichtungen und Personen wie z.B. Drittländer und internationale Organisationen („indirekte Mittelverwaltung“).

In der Praxis werden etwa 70% der Haushaltsmittel in „geteilter Mittelverwaltung“ (bei der die Mitgliedstaaten die Gelder vergeben und die Ausgaben verwalten), etwa20% in „direkter Mittelverwaltung“ durch die Kommission oder ihre Exekutivagenturen und die übrigen 10% in „indirekter Mittelverwaltung“ verausgabt[1].

Das enthält Informationen über die Begünstigten der von der Kommission direkt verwalteten Mittel. Für die Veröffentlichung von Daten über die Begünstigten der Mittel, die die Mitgliedstaaten im Rahmen der indirekten und der geteilten Mittelverwaltung verwalten, ist der jeweilige Mitgliedstaat verantwortlich.

In Artikel317AEUV ist geregelt, dass die Kommission den Haushaltsplan zusammen mit den Mitgliedstaaten ausführen muss und dass in den gemäß Artikel322AEUV erlassenen Vorschriften die Kontroll- und Wirtschaftsprüfungspflichten der Mitgliedstaaten bei der Ausführung des Haushaltsplans sowie die damit verbundenen Verantwortlichkeiten geregelt sein müssen.

Im breiteren Kontext der Umsetzung des EU-Rechts ist ferner in den Artikeln290 und291 AEUV die Übertragung der Befugnis zum Erlass von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten an die Kommission geregelt, insbesondere die in diesem Zusammenhang erfolgende Kontrolle der Kommission durch die Mitgliedstaaten, den Rat und das Europäische Parlament.

Gemäß Artikel290AEUV kann der Kommission in Gesetzgebungsakten die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte ohne Gesetzescharakter zur Ergänzung „bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsaktes“ zu erlassen. Das Parlament und der Rat haben das Recht, eine solche Befugnisübertragung an die Kommission zu widerrufen oder Einwände dagegen zu erheben, womit ein Inkrafttreten des Rechtsakts verhindert wird.

In Artikel291AEUV sind die der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse geregelt. Während nach Artikel291 Absatz1die Mitgliedstaaten alle zur Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union erforderlichen Maßnahmen nach innerstaatlichem Recht ergreifen, müssen nach Artikel291 Absatz2 mit diesen Rechtsakten der Kommission oder in den Fällen gemäß den Artikeln24 und26 des (EUV) dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen werden, falls „es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union“ bedarf. Gemäß Artikel291 Absatz3AEUV legen das Parlament und der Rat durch Verordnungen die Regeln fest, nach denen die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrolliert wird.

Die Organe vereinbarten 2020 eine neue interinstitutionelle Vereinbarung über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans im Hinblick auf die Einführung neuer Eigenmittel. Sie wurde gleichzeitig mit der 2021-2027 angenommen und soll nicht nur die Fortführung der Zusammenarbeit zwischen den Organen in Haushaltsfragen sicherstellen, sondern auch das jährliche Haushaltsverfahren verbessern und mit einem im Anhang aufgeführten Fahrplan die Einführung neuer Eigenmittelquellen der EU im Rahmen dieses MFR fördern.

Artikel291AEUV wurde durch die des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren, ergänzt. Diese Kontrolle wird durch ܲü wahrgenommen, die sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzen und in denen ein Vertreter der Kommission den Vorsitz führt. In der Verordnung sind zwei neue Verfahren festgelegt, die je nach Tragweite des betreffenden Rechtsakts Anwendung finden: Im Rahmen des Prüfverfahrens darf die Kommission eine Maßnahme nicht erlassen, wenn der Ausschuss eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat. Im Rahmen des Beratungsverfahrens ist die Kommission verpflichtet, das Ergebnis der Beratungen im Ausschuss „so weit wie möglich“ zu berücksichtigen, sie ist jedoch nicht an die Stellungnahme des Ausschusses gebunden.

Eine nicht ordnungsgemäße Ausführung des Haushaltsplans durch die Mitgliedstaaten wird über das Rechnungsabschlussverfahren und durch Überprüfungen der Förderungsfähigkeit geahndet. Dabei werden Beträge, die die Mitgliedstaaten aus dem EU-Haushalt erhalten haben, korrigiert, indem ohne Rechtsgrund gezahlte Mittel nach Kontrollen durch die Kommission und den Rechnungshof zurückgezahlt werden müssen. Beschlüsse über solche Korrekturen werden von der Kommission gemäß den vorgenannten Verfahren für die Wahrnehmung von Durchführungsbefugnissen gefasst (1.4.5).

Die Ausführung des Haushaltsplans wird daher vom Rechnungshof regelmäßig geprüft (1.3.12). In seinen Berichten wurde wiederholt die Ausführung in bestimmten Bereichen kritisiert.

C. ٳܰüܲԲپܲԲ

Die Haushaltsordnung enthält gemäß Artikel322 AEUV alle Grundsätze und Vorschriften für die Ausführung des Haushaltsplans. Sie ist bereichsübergreifend angelegt und gilt für sämtliche Ausgabenbereiche und Einnahmen. Weitere Regeln zur Ausführung des Haushaltsplans finden sich in den jeweiligen Vorschriften für die einzelnen EU-Politikbereiche.

Die aktuelle Haushaltsordnung wurde im Juli 2018 angenommen und trat am 2.August 2018 in Kraft. Nahezu alle Bestimmungen der aktuellen Haushaltsordnung hinsichtlich der Ausführung der Verwaltungsmittel der Unionsorgane gelten jedoch erst ab dem 1.Januar 2019[2].

Das wichtigste Instrument der Kommission für die Ausführung des Haushaltsplans und die Überwachung des Haushaltsvollzugs ist das (periodengerechte) DV-gestützte Rechnungsführungssystem ABAC. Die Kommission hat dafür Sorge getragen, dass es den höchsten internationalen Rechnungslegungsstandards entspricht, insbesondere den Internationalen Rechnungslegungsstandards für den öffentlichen Sektor (IPSAS) der International Federation of Accountants (IFAC). Ein wichtiger Aspekt bei der Ausführung des Haushaltsplans ist die Einhaltung der EU-Vorschriften im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge (Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge 2.1.10). Außerdem trägt das Früherkennungs- und Ausschlusssystem EDES zum Schutz der finanziellen Interessen der Union bei. Mit ihm können unzuverlässige Personen und Unternehmen, die EU-Gelder beantragt oder rechtliche Vereinbarungen mit der Kommission oder anderen Organen oder Einrichtungen der Union abgeschlossen haben, frühzeitig erkannt und ausgeschlossen werden und es können finanzielle Sanktionen gegen sie verhängt werden[3].

Rolle des Europäischen Parlaments

Das Europäische Parlament wird im Hinblick auf den Haushaltsplan in zweierlei Hinsicht tätig:

  • als einer der beiden Teile der Haushaltsbehörde genehmigt es die Haushaltsmittel für das kommende Jahr;
  • im Rahmen des jährlichen Entlastungsverfahrens prüft es die Ausführung des Haushaltsplans im Vorjahr.

Das Parlament nimmt beim Haushaltsverfahren (1.2.5) bereits im Vorfeld durch die von ihm in diesem Rahmen mit Blick auf die Mittelzuweisung vorgenommenen Abänderungen und gefassten Beschlüsse Einfluss auf die Ausführung des EU-Haushaltsplans.

Sollte das Parlament Zweifel an der Begründung für Ausgaben oder der Fähigkeit der Kommission zu ihrer Ausführung haben, kann es beschließen, vom Mechanismus der Haushaltsreserve Gebrauch zu machen und die betreffenden Mittel in die Reserve einzustellen, bis die Kommission geeignete Nachweise im Rahmen eines Antrags auf Übertragung von Mitteln aus der Reserve erbringt. Die Vorschläge für Mittelübertragungen müssen sowohl vom Parlament als auch vom Rat genehmigt werden. Die Mittel dürfen erst dann verwendet werden, wenn sie aus der Reserve auf die entsprechende Haushaltslinie übertragen worden sind.

Das Entlastungsverfahren (1.4.5) gibt dem Parlament die Möglichkeit, die Ausführung des Haushaltsplans für das laufende Haushaltsjahr zu kontrollieren. Auch wenn die meisten Fragen, die thematisiert werden, den Zeitraum betreffen, für den die Entlastung (normalerweise für das Vorjahr) erteilt werden soll, beziehen sich viele der vom Haushaltskontrollausschuss des Parlaments im Rahmen des Entlastungsverfahrens an die Kommission gerichteten Fragen auf die Ausführung des Haushaltsplans für das laufende Haushaltsjahr. Die Entlastungsentschließung, die integraler Bestandteil des Entlastungsbeschlusses ist, enthält Auflagen und Empfehlungen, die sich an die Kommission und die anderen an der Ausführung des Haushaltsplans beteiligten Organe richten.

Gemäß dem Vertrag von Lissabon erlassen das Parlament und der Rat „die Haushaltsvorschriften, in denen insbesondere die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sowie die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung im Einzelnen geregelt werden“ (Artikel322 Absatz1 AEUV).

Darüber hinaus nimmt das Parlament in nahezu allen Politikbereichen durch seine legislative und nichtlegislative Tätigkeit, zum Beispiel durch Berichte und Entschließungen oder einfach dadurch, dass es Anfragen zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung an die Kommission richtet, Einfluss auf die Ausführung des Haushaltsplans.

In den vergangenen Jahren hat das Parlament seine politische Kontrolle über die Kommission dadurch verstärkt, dass es Instrumente eingeführt hat, die einen Austausch von Informationen über die Ausführung der Mittel und den Umfang der noch abzuwickelnden Mittelbindungen (d.h. bestehender rechtlicher Verpflichtungen, die noch nicht durch Leistung der Zahlung erfüllt wurden) ermöglichen. Letztere können zu einem Problem werden, wenn sie über längere Zeiträume angehäuft werden; das Parlament fordert die Kommission daher eindringlich auf, sie unter Kontrolle zu bringen.

Es werden neue Instrumente entwickelt, die eine bessere Überwachung des Haushaltsvollzugs und ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis bei den EU-Programmen ermöglichen sollen. Zu diesem Zweck fordert das Parlament qualitativ hochwertige Tätigkeitsübersichten (die von der Kommission in Arbeitsdokumenten zum Vorentwurf des Gesamthaushaltsplans erstellt werden) und die regelmäßige Vorlage von Kostenwirksamkeitsanalysen für EU-Programme.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf der Website des Haushaltskontrollausschusses.

[1]Von der Generaldirektion Haushalt der Kommission für2021-2027 zur Verfügung gestellte Daten.
[2]Artikel282 Absatz3 Buchstabec der neuen Haushaltsordnung.
[3]EDES unterliegt der Haushaltsordnung und entspricht der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und zum freien Datenverkehr.

Stefan Schulz