BERICHTüber die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments
12.6.2023-( – )
Ausschuss für konstitutionelle Fragen
Berichterstatter: Loránt Vincze, Sandro Gozi
- ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
- ANLAGE ZU DEM ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG
- ҸÜٱ
- ANHANG
- ANGABEN ZUR ANNAHME IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS
- NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS ÜBER DEN ENTWURF EINES VORSCHLAGS FÜR EINE VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN RATES („RECHTSAKT“)
- NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS ÜBER DEN ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zur Zusammensetzung des Europäischen Parlaments
( – )
Das Europäische Parlament,
–gestützt auf Artikel14 Absatz2 des Vertrags über die Europäische Union,
–gestützt auf Artikel106a Absatz1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft,
–gestützt auf den Beschluss (EU) 2018/937 des Europäischen Rates vom 28.Juni 2018 über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments[1],
–unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7.Februar 2018 zur Zusammensetzung des Europäischen Parlaments[2],
–unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 3.Mai 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie zur Aufhebung des Beschlusses (76/787/EGKS, EWG, Euratom) des Rates und des diesem Beschluss beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments[3] („legislative Entschließung vom 3.Mai 2022 zur Reform des europäischen Wahlrechts“),
–unter Hinweis auf den Verhaltenskodex für Wahlen der Venedig-Kommission des Europarats,
–gestützt auf die Artikel46, 54 und 90 seiner Geschäftsordnung,
–unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A9-0214/2023),
A.in der Erwägung, dass die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments die Kriterien nach Artikel14 Absatz2 Unterabsatz1 des Vertrags über die Europäische Union erfüllen muss, dass somit die Gesamtzahl der Vertreter der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger 750zuzüglich des Präsidenten nicht überschreiten darf, wobei die Bürgerinnen und Bürger degressiv proportional, mindestens jedoch mit sechs Mitgliedern je Mitgliedstaat vertreten sind und kein Mitgliedstaat mehr als 96Sitze erhält;
B.in der Erwägung, dass das Europäischen Parlament das Initiativrecht in Bezug auf die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments hat;
C.in der Erwägung, dass sich das Europäische Parlament gemäß Artikel14 Absatz2EUV aus Vertretern der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zusammensetzt;
D.in der Erwägung, dass in Artikel10 EUV unter anderem festgelegt wurde, dass die Arbeitsweise der Union auf der repräsentativen Demokratie beruht und die Bürgerinnen und Bürger auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament vertreten werden;
E.in der Erwägung, dass in der legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3.Mai 2022 zur Reform des europäischen Wahlrechts die Einrichtung eines unionsweiten Wahlkreises empfohlen wird;
F.in der Erwägung, dass für eine etwaige Einrichtung eines unionsweiten Wahlkreises der Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments geändert werden muss;
G.in der Erwägung, dass die Festlegung der Anzahl der Sitze eines potenziellen unionsweiten Wahlkreises in den Zuständigkeitsbereich des Beschlusses des Europäischen Rates über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments auf der Grundlage von Artikel14 Absatz2 EUV fällt, während die für seine Einrichtung erforderlichen Bestimmungen auf Artikel223 Absatz1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union beruhen;
H.in der Erwägung, dass die Zuweisung von Sitzen unter den Mitgliedstaaten in der derzeitigen Wahlperiode wie auch in früheren Wahlperioden nicht das Ergebnis eines ständigen Berechnungsverfahrens, sondern politischer Verhandlungen war; in der Erwägung, dass die derzeitige Methode für die Zuweisung der Sitze an die Mitgliedstaaten folglich nicht automatisch dem Grundsatz der degressiven Proportionalität entspricht; in der Erwägung, dass ein ständiger Berechnungsmechanismus, der den Bevölkerungszahlen in den Mitgliedstaaten der Union Rechnung trägt, die künftige Einhaltung dieses Grundsatzes sicherstellen würde;
I.in der Erwägung, dass der Beschluss des Europäischen Rates über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments rechtzeitig vor dem Wahltag vorliegen muss, damit die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechtsvorschriften erlassen können, um die Wahl zum Europäischen Parlament für die Wahlperiode 2024-2029 zu organisieren;
1.stellt fest, dass die derzeitige Zuweisung der Sitze im Europäischen Parlament gemäß dem Beschluss 2018/937/EU des Europäischen Rates für die Wahlperiode 2019-2024 gilt; hebt daher hervor, dass ein neuer Beschluss über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments für die Wahlperiode 2024-2029 unverzüglich erforderlich ist;
2.nimmt die Auffassung mehrerer Mitgliedstaaten zur Kenntnis, dass das Abstimmungsverfahren im Rat zu berücksichtigen ist, wenn über die Zuweisung der Sitze im Europäischen Parlament entschieden wird;
3.betont, dass die vorgeschlagene Zuweisung der Sitze eine Reserve von 28zusätzlichen Sitzen für Mitglieder umfassen sollte, die in einem unionsweiten Wahlkreis zu wählen sind – im Einklang mit dem Vorschlag des Parlaments für eine Verordnung des Rates, der seiner legislativen Entschließung vom 3.Mai 2022 zur Reform des europäischen Wahlrechts beigefügt wurde; weist jedoch darauf hin, dass diese Sitze im Einklang mit diesem Vorschlag erst nach der Wahl tatsächlich festzulegen sind, nachdem ein überarbeitetes europäisches Wahlgesetz in Kraft getreten ist, das die erforderlichen Bestimmungen für einen unionsweiten Wahlkreis enthält;
4.betont nachdrücklich, dass künftig ein ständiges Verfahren auf der Grundlage einer klaren mathematischen Formel erforderlich ist, mit dem die Sitze des Europäischen Parlaments auf objektive, faire, dauerhafte und transparente Weise zugewiesen werden, wobei der Grundsatz der degressiven Proportionalität gemäß Artikel1 des Beschlusses (EU) 2018/937 zu achten ist; ist der Auffassung, dass es zum jetzigen Zeitpunkt politisch nicht machbar ist, dass das Parlament ein solches ständiges Verfahren vorschlägt, da es weiterer Überlegungen bedarf und rechtzeitig vor der Wahl zum Europäischen Parlament eingeführt werden sollte; fordert den Ausschuss für konstitutionelle Fragen auf, seine Arbeit an einem solchen ständigen Verfahren in dieser Wahlperiode wieder aufzunehmen und dabei auch die Möglichkeit zu prüfen, dass Eurostat einbezogen wird;
5. ist der Auffassung, dass jede weitere Verzögerung der Arbeiten des Rates zur Änderung des europäischen Wahlrechts dem in Artikel4 Absatz3 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zuwiderlaufen würde, da der Beschluss des Rates voraussichtlich Auswirkungen auf die Wahlen zum Europäischen Parlament haben wird und sich auf dessen Zusammensetzung auswirken kann;
6.betont, dass der Europäische Rat dringend den Beschluss über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments fassen muss, damit die Mitgliedstaaten rechtzeitig die für die Organisation der Wahl zum Europäischen Parlament für die Wahlperiode 2024-2029 erforderlichen einzelstaatlichen Vorschriften erlassen können; betont, dass das Parlament daher entschlossen ist, das Zustimmungsverfahren im Geiste der loyalen Zusammenarbeit zügig fortzusetzen;
7.nimmt den beigefügten Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Rates über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments auf der Grundlage seines in Artikel14 Absatz2 EUV verankerten Initiativrechts an und legt ihn dem Europäischen Rat vor; weist darauf hin, dass ein solcher Beschluss nur mit Zustimmung des Europäischen Parlaments angenommen werden darf, und fordert daher den Europäischen Rat auf, es unverzüglich zu unterrichten, wenn er beabsichtigt, von dem vorgelegten Vorschlag abzuweichen, und dabei auch die beabsichtigten Abweichungen anzugeben;
8.beauftragt seine Präsidentin, diese legislative Entschließung und den beigefügten Vorschlag dem Europäischen Rat und der Kommission sowie den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
ANLAGE ZU DEM ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG
Vorschlag für einen
BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN RATES
über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments
DER EUROPÄISCHE RAT —
gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel14 Absatz2,
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf Artikel106a Absatz1,
auf Vorschlag des Europäischen Parlaments[4],
nach Zustimmung des Europäischen Parlaments[5],
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Artikel14 Absatz2 Unterabsatz1 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) legt die Kriterien für die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments fest, nämlich dass die Anzahl der Vertreter der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger 750 zuzüglich des Präsidenten nicht überschreiten darf, dass die Bürgerinnen und Bürger degressiv proportional, mindestens jedoch mit sechs Mitgliedern je Mitgliedstaat vertreten werden und dass kein Mitgliedstaat mehr als 96Sitze erhält.
(2)Artikel10 EUV sieht unter anderem vor, dass die Arbeitsweise der Union auf der repräsentativen Demokratie beruht, wobei die Bürgerinnen und Bürger auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament vertreten und die Mitgliedstaaten im Rat von ihrer jeweiligen Regierung vertreten werden, welche ihrerseits in demokratischer Weise gegenüber ihrem nationalen Parlament oder gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern Rechenschaft ablegen müssen.
(3)Artikel14 Absatz2 EUV über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments findet daher im Zusammenhang mit den im Vertrag festgelegten weiteren institutionellen Regelungen, die auch die Bestimmungen über die Beschlussfassung im Rat umfassen, Anwendung.
(4) Vorbehaltlich der Annahme der Rechtsgrundlage für einen entsprechenden Wahlkreis sollte festgelegt werden, dass eine angemessene Zahl von Vertretern im Europäischen Parlament in einem unionsweiten Wahlkreis zu wählen ist —
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel1
Bei der Anwendung von Artikel14 Absatz2 EUV sind folgende Grundsätze zu beachten:
–Die Gesamtzahl der Sitze im Europäischen Parlament darf 750Sitze zuzüglich des Präsidenten nicht überschreiten.
–Die Zuweisung der Sitze an die Mitgliedstaaten erfolgt degressiv proportional mit einer Mindestschwelle von sechs Sitzen und einer Höchstschwelle von 96Sitzen pro Mitgliedstaat, wobei die Größe der jeweiligen Bevölkerung der Mitgliedstaaten so genau wie möglich zu berücksichtigen ist.
–Der Begriff der „degressiven Proportionalität“ ist wie folgt definiert: Das Verhältnis zwischen der Bevölkerung und der Zahl von Sitzen jedes Mitgliedstaats muss vor Auf- oder Abrunden zur nächsten ganzen Zahl in Abhängigkeit von seiner jeweiligen Bevölkerung variieren, sodass jedes Mitglied des Europäischen Parlaments aus einem bevölkerungsreicheren Mitgliedstaat mehr Bürgerinnen und Bürger vertritt als jedes Mitglied des Europäischen Parlaments aus einem bevölkerungsärmeren Mitgliedstaat, und umgekehrt, dass je bevölkerungsreicher ein Mitgliedstaat ist, desto höher sein Anspruch auf eine große Zahl von Sitzen im Europäischen Parlament ist.
Artikel2
Die Gesamtbevölkerung der Mitgliedstaaten wird von der Kommission (Eurostat) auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Daten mit einer Methode berechnet, die in der Verordnung (EU) Nr.1260/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates[6] festgelegt wurde.
Artikel3
1. Die Zahl der in jedem Mitgliedstaat gewählten Vertreter im Europäischen Parlament für die Wahlperiode 2024-2029 wird folgendermaßen festgelegt:
Belgien |
21 |
Bulgarien |
17 |
Tschechische Republik |
21 |
äԱ |
15 |
Deutschland |
96 |
Estland |
7 |
Irland |
14 |
Griechenland |
21 |
Spanien |
61 |
Frankreich |
79 |
Kroatien |
12 |
Italien |
76 |
Zypern |
6 |
Lettland |
9 |
Litauen |
11 |
Luxemburg |
6 |
Ungarn |
21 |
Malta |
6 |
Niederlande |
31 |
Öٱ |
20 |
Polen |
52 |
Portugal |
21 |
ܳäԾ |
33 |
Slowenien |
9 |
Slowakei |
15 |
Finnland |
15 |
Schweden |
21 |
2. Zusätzlich zu der in Absatz1 festgelegten Zahl der in den einzelnen Mitgliedstaaten gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments werden – vorbehaltlich des Inkrafttretens einer Verordnung des Rates über die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie zur Aufhebung des Beschlusses (76/787/EGKS, EWG, Euratom) des Rates und des diesem Beschluss beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments, mit der ein unionsweiter Wahlkreis eingerichtet würde, – bei der ersten Wahl nach diesem Inkrafttreten 28Vertreter des Europäischen Parlaments in einem unionsweiten Wahlkreis gewählt, wie in der genannten Verordnung vorgesehen.
Artikel4
Mit ausreichendem Vorlauf vor dem Beginn der Wahlperiode 2029-2034 legt das Europäische Parlament dem Europäischen Rat gemäß Artikel14 Absatz2 EUV einen Vorschlag für eine aktualisierte Zuweisung der Sitze im Europäischen Parlament vor.
Artikel5
Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Geschehen zu …,
Im Namen des Europäischen Rates
Der Präsident
.
ҸÜٱ
Die Verteilung der Sitze im Parlament wirkt sich unmittelbar auf die Vertretung der Bürgerinnen und Bürger in dem einzigen direkt gewählten Organ der Europäischen Union aus. In dieser Hinsicht ist es von größter Bedeutung, sicherzustellen, dass die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments auf fairen, transparenten, objektiven, nachhaltigen und gerechten Grundsätzen beruht und ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der großen und der kleinen und mittleren Mitgliedstaaten gewahrt bleibt.
Die Zuweisung der Sitze im Europäischen Parlament muss gemäß den allgemeinen Bestimmungen des Artikels14 des Vertrags über die Europäische Union erfolgen. Diese Bestimmungen betreffen die maximale Größe des Parlaments sowie die Höchst- und Mindestzahl der Sitze, die den einzelnen Mitgliedstaaten zugewiesen werden. Außerdem ist darin festgelegt, dass die Sitze im Parlament nach dem Grundsatz der degressiven Proportionalität zugeteilt werden müssen. Dieser Grundsatz ist in Artikel1 des Beschlusses (EU) 2018/937 des Europäischen Rates festgelegt, dem das Parlament zugestimmt hat.
Die derzeitige Zuweisung der Sitze im Parlament, die unter Berücksichtigung der jüngsten verfügbaren Bevölkerungszahlen geprüft wurde, verstößt in sechs Fällen gegen den Grundsatz der degressiven Proportionalität. Diese Verstöße müssen behoben werden, um den Grundsatz der degressiven Proportionalität zu wahren.
Das Europäische Parlament hat immer wieder zu bedenken gegeben, dass ein ständiges Verfahren für die Zuweisung der Sitze nur in Verbindung mit einer Überarbeitung des Abstimmungsverfahrens im Rat festgelegt werden kann, denn nur so kann ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Organen erreicht werden[7]. Darauf wird in den Beschlüssen des Europäischen Rates vom 28.Juni 2013 (2013/312/EU) und 28.Juni 2018 (2018/937/EU) über die Zusammensetzung des Parlaments hingewiesen. Allerdings müssten für eine Änderung der Abstimmungsregeln im Rat die Verträge geändert werden.
Seit Jahren weist das Parlament vor jeder Europawahl darauf hin, dass ein ständiges Verfahren für die gerechte, objektive und transparente Zuweisung der Sitze gemäß den Verträgen festgelegt werden sollte. Dafür hat es auf der Suche nach einer geeigneten Methode mehrere Studien in Auftrag gegeben, in denen mathematische Modelle für die Zuweisung von Sitzen untersucht wurden. Jedoch wurde bis heute kein ständiges Verfahren eingeführt. In der Wahlperiode 2014-2019 hatte der AFCO-Ausschuss eine Reihe von Vorschlägen für ein solches ständiges Verfahren auf der Grundlage mathematischer Formeln geprüft. Ein ständiges Verfahren auf der Grundlage einer mathematischen Formel führt zu interessanten Ergebnissen, die einer weiteren Analyse bedürfen und bei der künftigen Zuweisung von Sitzen ab der Wahl im Jahr 2029 berücksichtigt werden könnten. Angesichts des Zusammenhangs zwischen einem ständigen Verfahren für die Zuweisung der Sitze und einer Überprüfung der Abstimmungsregelung im Rat sind die Berichterstatter der Auffassung, dass die Einrichtung eines solchen ständigen Verfahrens eine weitere umfassende Diskussion über das interinstitutionelle Gleichgewicht erfordert.
Der Vorschlag der Berichterstatter: eine auf Grundsätzen beruhende Lösung
Nach dem hier vorgelegten Entwurf eines Beschlusses des Europäischen Rates über die Zusammensetzung des Parlaments ist die aus der Zuweisung der Sitze resultierende Verteilung zwischen den Mitgliedstaaten gerecht und objektiv und beruht auf klaren Grundsätzen.
Diese neue Zuweisung beruht auf drei Grundsätzen:
1.Dem Grundsatz der degressiven Proportionalität gemäß Artikel14 EUV und Artikel1 des Beschlusses (EU) 2018/937 des Europäischen Rates,
2.kein Mitgliedstaat verliert Sitze,
3.Eine absolute Mindesterhöhung der Anzahl der Sitze, die es ermöglicht, die degressive Proportionalität zu korrigieren und genügend Spielraum für zusätzliche Mitglieder zu lassen, die in einem unionsweiten Wahlkreis zu wählen sind, sobald der entsprechende Rechtsakt verabschiedet ist.
Die vorgeschlagene Lösung ist im derzeitigen politischen Umfeld tragbar und entspricht den genannten Grundsätzen und allen Kriterien nach Artikel14 EUV.
Im Anhang sind die Auswirkungen des Vorschlags auf die Zuweisung von Sitzen unter den Mitgliedstaaten dargestellt. Vor allem zeigt sich dabei, dass mit der vorgeschlagenen Lösung das Prinzip der degressiven Proportionalität geachtet wird, da die folgenden beiden Kriterien erfüllt werden:
(1)Kein bevölkerungsärmerer Staat erhält mehr Sitze als ein bevölkerungsreicherer Staat.
(2)Das Verhältnis zwischen Bevölkerungszahl und Sitzen vor dem Auf- oder Abrunden auf ganze Zahlen wird mit zunehmender Bevölkerungszahl größer.
In diesem Bericht wird die Ansicht vertreten, dass der Vorschlag des unionsweiten Wahlkreises auf der Grundlage von Artikel223 Absatz1 AEUV im Rahmen der Reform des europäischen Wahlrechts zu regeln ist, mit Ausnahme der Zahl der ihm zugewiesenen Sitze. In der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3.Mai 2022 (zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie zur Aufhebung des Beschlusses (76/787/EGKS, EWG, Euratom) des Rates und des diesem Beschluss beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments) sind die Einzelheiten der Einrichtung eines unionsweiten Wahlkreises festgelegt. Diese Entschließung ist rechtlich und politisch eng mit der neu vorgeschlagenen Neuverteilung der Sitze auf der Grundlage von Artikel14 Absatz2 EUV verknüpft. Während in dem vorgeschlagenen Beschluss des Europäischen Rates über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments die rechtlichen Modalitäten für die Zuweisung von 28Sitzen an den unionsweiten Wahlkreis festgelegt werden, der in dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments vorgesehen ist, ist es der vorliegende Legislativvorschlag, der ihn zahlenmäßig wirksam macht. Die beiden Legislativvorschläge sollten daher gemeinsam geprüft werden.
ANHANG
Auf Grundsätzen beruhende Lösung für die Zuweisung der Sitze im Parlament in der Wahlperiode 2024-2029:
|
Bevölkerungs-zahl 2022[8] |
Aktuelle Zuweisung der Sitze |
Aktuelles Verhältnis Bevölkerungs-zahl/Sitz |
Neue Zuweisung der Sitze |
Neues Verhältnis Bevölkerungs-zahl/Sitz |
Zusätzliche Sitze durch die neue Zuweisung |
Deutschland |
83203320 |
96 |
866701 |
96 |
866701 |
|
Frankreich |
67842582 |
79 |
858767 |
79 |
858767 |
|
Italien |
59607184 |
76 |
784305 |
76 |
784305 |
|
Spanien |
47432805 |
59 |
803946 |
61 |
777587 |
2 |
Polen |
37654247 |
52 |
724120 |
52 |
724120 |
|
ܳäԾ |
19038098 |
33 |
576912 |
33 |
576912 |
|
Niederlande |
17734036 |
29 |
611518 |
31 |
572066 |
2 |
Belgien |
11631136 |
21 |
553864 |
21 |
553864 |
|
Griechenland |
10603810 |
21 |
504943 |
21 |
504943 |
|
Tschechische Republik |
10545457 |
21 |
502165 |
21 |
502165 |
|
Schweden |
10440000 |
21 |
497143 |
21 |
497143 |
|
Portugal |
10352042 |
21 |
492954 |
21 |
492954 |
|
Ungarn |
9689010 |
21 |
461381 |
21 |
461382 |
|
Öٱ |
8967500 |
19 |
471974 |
20 |
448375 |
1 |
Bulgarien |
6838937 |
17 |
402290 |
17 |
402290 |
|
äԱ |
5864667 |
14 |
418905 |
15 |
390978 |
1 |
Finnland |
5541241 |
14 |
395803 |
15 |
369416 |
1 |
Slowakei |
5434712 |
14 |
388194 |
15 |
362314 |
1 |
Irland |
5060004 |
13 |
389231 |
14 |
361429 |
1 |
Kroatien |
3862305 |
12 |
321859 |
12 |
321859 |
|
Litauen |
2805998 |
11 |
255091 |
11 |
255091 |
|
Slowenien |
2107180 |
8 |
263398 |
9 |
234131 |
1 |
Lettland |
1875757 |
8 |
234470 |
9 |
208417 |
1 |
Estland |
1331796 |
7 |
190257 |
7 |
190257 |
|
Zypern |
904700 |
6 |
150784 |
6 |
150784 |
|
Luxemburg |
643648 |
6 |
107275 |
6 |
107275 |
|
Malta |
520971 |
6 |
86829 |
6 |
86829 |
|
SUMME (Bevölkerung und Sitze) |
447533143 |
705 |
|
716 |
|
11 |
MITTELWERT (Verhältnis) |
|
|
634799 |
|
625046 |
|
ANGABEN ZUR ANNAHME IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
12.6.2023 |
|
|
|
Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
16 10 2 |
||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Gerolf Annemans, Gabriele Bischoff, Damian Boeselager, Włodzimierz Cimoszewicz, Salvatore De Meo, Sandro Gozi, Brice Hortefeux, Giuliano Pisapia, Paulo Rangel, Antonio Maria Rinaldi, Domènec Ruiz Devesa, Helmut Scholz, Sven Simon, László Trócsányi, Guy Verhofstadt, Loránt Vincze |
|||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter |
Gilles Boyer, Pascal Durand, Angel Dzhambazki, Cyrus Engerer, Markéta Gregorová, Alin Mituța, Niklas Nienass, João Pimenta Lopes |
|||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 209 Abs. 7) |
Peter Jahr, Marlene Mortler, Tom Vandendriessche, Kosma Złotowski |
NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS ÜBER DEN ENTWURF EINES VORSCHLAGS FÜR EINE VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN RATES („RECHTSAKT“)
15 |
+ |
PPE |
Salvatore De Meo, Loránt Vincze |
Renew |
Gilles Boyer, Sandro Gozi, Alin Mituța, Guy Verhofstadt |
S&D |
Gabriele Bischoff, Włodzimierz Cimoszewicz, Pascal Durand, Cyrus Engerer, Giuliano Pisapia, Domènec Ruiz Devesa |
Verts/ALE |
Damian Boeselager, Markéta Gregorová, Niklas Nienass |
8 |
- |
ECR |
Angel Dzhambazki, Kosma Złotowski |
ID |
Gerolf Annemans, Antonio Maria Rinaldi, Tom Vandendriessche |
NI |
László Trócsányi |
The Left |
João Pimenta Lopes, Helmut Scholz |
5 |
0 |
PPE |
Brice Hortefeux, Peter Jahr, Marlene Mortler, Paulo Rangel, Sven Simon |
NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS ÜBER DEN ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
16 |
+ |
PPE |
Salvatore De Meo, Loránt Vincze |
Renew |
Gilles Boyer, Sandro Gozi, Alin Mituța, Guy Verhofstadt |
S&D |
Gabriele Bischoff, Włodzimierz Cimoszewicz, Pascal Durand, Cyrus Engerer, Giuliano Pisapia, Domènec Ruiz Devesa |
The Left |
Helmut Scholz |
Verts/ALE |
Damian Boeselager, Markéta Gregorová, Niklas Nienass |
10 |
- |
ECR |
Angel Dzhambazki, Kosma Złotowski |
ID |
Gerolf Annemans, Antonio Maria Rinaldi, Tom Vandendriessche |
NI |
László Trócsányi |
PPE |
Peter Jahr, Marlene Mortler, Sven Simon |
The Left |
João Pimenta Lopes |
2 |
0 |
PPE |
Brice Hortefeux, Paulo Rangel |
Erklärung der benutzten Zeichen:
+:岹ü
-:dagegen
0:Enthaltung
- [1] ABl. L165I vom 2.7.2018, S.1.
- [2] ABl. C463 vom 21.12.2018, S.83.
- [3] ABl. C465 vom 6.12.2022, S.171.
- [4] Initiative angenommen am ... (noch nicht im Amtsblatt erschienen).
- [5] Zustimmung vom ... (noch nicht im Amtsblatt erschienen).
- [6]Verordnung (EU) Nr.1260/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.November 2013 über europäische demografische Statistiken, ABl.L330 vom 10.12.2013, S.39.
- [7] Die Frage wird in den Entschließungen des Parlaments P6_TA(2007)0429 und P7_TA-PROV(2014)0082 angesprochen.
- [8] Gemäß Beschluss des Rates 2016/2353