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Der EU-Haushalt wird von allen Organen und Mitgliedstaaten der EU geprüft. Der Europäische Rechnungshof und das Europäische Parlament führen detaillierte Kontrollen auf verschiedenen Ebenen durch. Das Parlament prüft im Hinblick auf die Entlastung der Kommission, der anderen EU-Organe und der dezentralen EU-Agenturen jedes Jahr die Ausführung des Haushaltsplans.

Rechtsgrundlage[1]

  • Artikel287, 317, 318, 319, 322 und 325 des (AEUV),
  • , siehe insbesondere TitelII Kapitel7 über den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung und der Leistungsorientierung und TitelXIV über die externe Prüfung und Entlastung,
  • über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans im Hinblick auf die Einführung neuer Eigenmittel, TeilIII,
  • Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, TitelII Kapitel6 Artikel99 und 100, TitelII Kapitel7 Artikel104, TitelV Kapitel2 Artikel134, AnhangV.

Ziele

Sicherstellung der Rechtmäßigkeit, Richtigkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsvorgänge und Finanzkontrollsysteme sowie der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung (sparsam, wirtschaftlich und wirksam). Der Europäische Rechnungshof und das Europäische Parlament wachen darüber, dass diese Ziele erreicht werden (Leistungskriterien).

Ergebnisse

A. Kontrolle auf nationaler Ebene

Eine erste Kontrolle der Einnahmen und Ausgaben erfolgt weitgehend durch nationale Behörden. Diese haben, insbesondere im Bereich der traditionellen Eigenmittel (1.4.1), ihre Zuständigkeit behalten und können dabei auf die erforderlichen Verfahren zur Erhebung und Überprüfung der betreffenden Beträge zurückgreifen. Haushaltskontrolle wird auch durch die Bekämpfung von Unregelmäßigkeiten und Betrug (1.4.6) ausgeübt. Es sind auch die Behörden der Mitgliedstaaten, die vorranging die operativen Ausgaben der Instrumente mit geteilter Mittelverwaltung prüfen, zum Beispiel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, des Europäischen Sozialfonds– die zusammen die Strukturfonds bilden– sowie des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).

B. Kontrolle auf EU-Ebene

1. Interne Kontrolle

Innerhalb der einzelnen EU-Organe wird die Kontrolle zunächst von den jeweiligen Anweisungsbefugten und Rechnungsführern und dann vom Internen Prüfer ausgeübt.

2. Externe Kontrolle durch den Europäischen Rechnungshof (1.3.12)

Die externe Kontrolle wird von nationalen Rechnungsprüfungsorganen und vom Europäischen Rechnungshof wahrgenommen. Der Rechnungshof legt der Haushaltsbehörde gemäß Artikel287 AEUV alljährlich die folgenden ausführlichen Berichte vor:

  • eine „Erklärung über die Zuverlässigkeit der Rechnungsführung sowie die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Vorgänge“ (die sogenannte „Zuverlässigkeitserklärung“ oder „DAS“),
  • den Jahresbericht über die Ausführung des Gesamthaushaltsplans einschließlich der Haushaltspläne aller Organe und dezentralen Einrichtungen,
  • spezifische Jahresberichte über die Agenturen und Einrichtungen der Union,
  • Sonderberichte zu konkreten Fragen (Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Compliance-Prüfungen),
  • Stellungnahmen (zu neuen oder geänderten Rechtsvorschriften mit maßgeblichen Auswirkungen auf die Haushaltsführung der Union),
  • Analysepapiere, in denen Fragen mit Bezug zu Politik und Haushaltsführung behandelt werden, noch nicht geprüfte Bereiche oder Aspekte untersucht werden oder eine Faktenbasis zu bestimmten Themen geschaffen wird,
  • einen Bericht über die Gesamtleistung des EU-Haushalts für die Haushaltsjahre 2019, 2020 und 2021, den der Rechnungshof seit dem Haushaltsjahr 2022 jedoch nicht mehr veröffentlicht.

Der Rechnungshof erstellt außerdem regelmäßig Berichte über Anleihe- und Darlehenstransaktionen sowie über den Europäischen Entwicklungsfonds (EEF). Der letzte EEF deckte den Zeitraum 2014-2020 ab. Danach wurde er mit dem mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 in den EU-Haushalt integriert.[2]

3. Kontrolle auf politischer Ebene durch das Europäische Parlament

Für die Ausarbeitung des Standpunkts des Europäischen Parlaments ist der Haushaltskontrollausschuss des Parlaments zuständig. Er hat insbesondere folgende Aufgaben:

  • Kontrolle der Ausführung des EU-Haushaltsplans und des EEF,
  • Erstellung der Beschlüsse über die Entlastung, einschließlich des internen Entlastungsverfahrens,
  • Abschluss, Vorlage und Prüfung der Jahresrechnungen und Bilanzen der EU, ihrer Organe und aller von ihr finanzierten Einrichtungen,
  • Kontrolle der Finanztätigkeiten der Europäischen Investitionsbank (1.3.15),
  • Überwachung der Kostenwirksamkeit der verschiedenen Formen von EU-Finanzierung bezüglich der Umsetzung der EU-Politik,
  • Ernennung von Mitgliedern des Rechnungshofs unter Berücksichtigung seiner Berichte,
  • Prüfung von Fällen von Betrug und Unregelmäßigkeiten bei der Ausführung des EU-Haushaltsplans, Ergreifen von Maßnahmen zur Verhütung und Verfolgung derartiger Fälle sowie Schutz der finanziellen Interessen der Union im Allgemeinen,
  • Pflege der Beziehungen zum Europäischen Rechnungshof, dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und der Europäischen Staatsanwaltschaft.

Entlastungsverfahren

Einmal jährlich erteilt das Parlament der Kommission– und anderen Organen und Einrichtungen– auf Empfehlung des Rates Entlastung für die Ausführung des Haushaltsplans des Jahres n−2 (vorvorletztes Jahr). Dazu prüft es im Vorfeld unter anderem die jährlichen Tätigkeitsberichte der Generaldirektionen der Kommission und anderer Organe, die jährliche Management- und Leistungsbilanz der Kommission, den Evaluierungsbericht (gemäß Artikel318 AEUV)– dessen Schwerpunkt auf den Ergebnissen der EU-Programme liegt und der den Empfehlungen des Parlaments und des Rates aus den Vorjahren Rechnung trägt–, den Jahresbericht des Rechnungshofs sowie die Antworten der Kommission und der anderen Organe auf die Fragen des Parlaments (Artikel319 AEUV). Dieser Prozess wird als parlamentarische Kontrolle der Ausführung des Haushaltsplans bezeichnet. Er dient der Sicherstellung der Einhaltung der rechtlichen und regulatorischen Anforderungen sowie der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Der Haushaltskontrollausschuss bereitet den Standpunkt des Parlaments zu den genannten Berichten vor. Die sich daraus ergebenden Entlastungsbeschlüsse werden von einer Entschließung mit den Bemerkungen und Empfehlungen des Parlaments zur Ausführung des Haushaltsplans begleitet.

Die Kommission und die anderen Organe sind verpflichtet, den Bemerkungen im Entlastungsbeschluss des Parlaments Folge zu leisten (Artikel319 Absatz3 AEUV und Artikel262 der Haushaltsordnung).

In der Regel behandelt das Parlament die Entlastungsberichte auf einer vor dem 15.Mai stattfindenden Plenartagung (Artikel260 der Haushaltsordnung). Somit erfolgt die Abstimmung über die Erteilung der Entlastung– außer in Ausnahmefällen– auf der Plenartagung im Mai oder, im Falle eines Aufschubs, auf der Plenartagung im Oktober. Erhält ein Entlastungsvorschlag keine Stimmenmehrheit oder beschließt das Parlament im Frühjahr, seinen Entlastungsbeschluss zu verschieben, so informiert das Parlament die betreffenden Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen über die Gründe dafür. Diese müssen ihrerseits unverzüglich alle Vorkehrungen treffen, um die Hinderungsgründe zu beseitigen. Der Haushaltskontrollausschuss legt dann innerhalb von sechs Monaten einen neuen Bericht mit einem neuen Antrag auf Erteilung oder Verweigerung der Entlastung vor.

Obwohl im AEUV lediglich auf die Entlastung der Kommission Bezug genommen wird, erteilt das Parlament aus Gründen der Transparenz und der demokratischen Kontrolle auch den anderen Organen und Einrichtungen sowie allen sonstigen Stellen gesondert Entlastung. Die Bestimmungen zur Entlastung der dezentralen Agenturen und der öffentlich-privaten Partnerschaften sind in deren Gründungsverordnungen festgelegt. Den Generalsekretären des Rates verweigert das Parlament die Entlastung seit 2009 aufgrund der mangelnden Kooperationsbereitschaft des Rates beim Entlastungsverfahren. Die Entlastungsbeschlüsse und Entschließungen des Parlaments zur Ausführung des EinzelplansI– Europäisches Parlament des EU-Gesamthaushaltsplans sind an den Präsidenten des Parlaments gerichtet.

Rolle des Europäischen Parlaments

A. Ausweitung der Befugnisse

Von 1958 bis 1970 wurde das Parlament über die Beschlüsse des Rates zur Entlastung der Kommission für die Ausführung des Haushaltsplans lediglich informiert. Im Jahr 1971 erhielt es die Befugnis, die Entlastung gemeinsam mit dem Rat zu erteilen. Seit dem 1.Juni 1977, mit Inkrafttreten des am 22.Juli 1975 unterzeichneten Vertrags von Brüssel, trifft das Parlament allein den Beschluss zur Entlastung für die Ausführung des Haushaltsplans, nachdem der Rat seine Empfehlung abgegeben hat. Darüber hinaus führt das Parlament in den jeweils zuständigen ܲün Anhörungen der designierten Kommissionsmitglieder und im Haushaltskontrollausschuss Anhörungen der designierten Mitglieder des Rechnungshofs sowie der Bewerber auf der Auswahlliste für das Amt des Generaldirektors des OLAF und der Mitglieder des OLAF-Überwachungsausschusses durch. Diese Ämter können nur nach den Anhörungen im Parlament besetzt werden. Nicht zuletzt wird der Generaldirektor des OLAF von der Kommission erst nach Abstimmung mit Parlament und Rat und die Mitglieder des OLAF-Überwachungsausschusses einvernehmlich von Parlament, Rat und Kommission benannt.

B. Tragweite der Entlastung

Das Parlament kann den Aufschub der Entlastung beschließen, wenn es der Auffassung ist, dass die Haushaltsführung der Kommission in bestimmten Punkten Mängel aufweist. Die Verweigerung der Entlastung kann mit der Forderung nach dem Rücktritt der Kommission gleichgesetzt werden. Dieses alarmierende Szenario wurde im Dezember 1998 Realität: In einer Abstimmung im Plenum wurde der Entlastungsantrag abgelehnt. Daraufhin wurde eine Gruppe von fünf unabhängigen Sachverständigen eingesetzt, die einen Bericht über die gegen die Kommission erhobenen Vorwürfe des Betrugs, der Misswirtschaft und der Vetternwirtschaft vorlegte. Das Kollegium der Kommissionsmitglieder trat daraufhin am 16.März 1999 geschlossen zurück.

Im Hinblick auf die Entlastung der Kommission für die Ausführung des EU-Gesamthaushaltsplans hat das Parlament im Rahmen des Entlastungsverfahrens für die Jahre 2011 und 2012 zwei neue Elemente eingeführt: zum einen eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Ausgaben, die mit einer Leistungsbewertung einhergeht (Artikel318 AEUV), und zum anderen einen Evaluierungsbericht über die EU-Finanzen auf der Grundlage der erzielten Ergebnisse sowie die Bestimmung, dass ein Entlastungsbeschluss durch Vorbehalte in Bezug auf bestimmte Politikbereiche „ausgeglichen“ werden kann. Im Zuge des Entlastungsverfahrens für das Jahr 2019 musste der Rechnungshof erstmals seit vier Jahren einen negativen Bestätigungsvermerk zur Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Ausgaben, die der Jahresrechnung zugrunde lagen, abgeben. In seinem ersten Bericht über die Gesamtleistung des EU-Haushaltsplans stellte er jedoch fest, dass die bestehenden Verfahren zufriedenstellend seien. Das Parlament unterstützte die Empfehlung des Rechnungshofs, wonach die Kommission die Qualität ihrer Informationen weiter verbessern solle, und betonte, dass Ergebnis- und Wirkungsindikatoren für die Leistungsmessung besser geeignet seien als Input- und Outputindikatoren.

Während des Entlastungsverfahrens für das Jahr 2019 untersuchte das Parlament auch Mängel in der Haushaltsführung und Finanzverwaltung der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex). Dabei befand es die Erklärungen der Agentur für unzureichend. Das Parlament beschloss, die Entlastung von Frontex vom Frühjahr 2021 auf den 21.Oktober 2021 zu verschieben. Im Oktober stimmte das Plenum dann zwar für die Entlastung der Agentur, stellte jedoch 90Mio.EUR– also rund 12% des Gesamthaushalts der Agentur– in die Reserve ein. Diese Mittel können nur freigegeben werden, wenn Frontex bestimmte Bedingungen erfüllt. So muss die Agentur 20bislang fehlende Grundrechtsbeobachter und drei stellvertretende Exekutivdirektoren, die ausreichend für diese Funktionen qualifiziert sein müssen, einstellen. Außerdem muss sie einen Mechanismus zur Meldung schwerwiegender Vorfälle an den EU-Außengrenzen sowie ein funktionsfähiges System zur Überwachung der Grundrechte einrichten. Auch beim nächsten Entlastungsverfahren– für den Haushaltsplan 2020– verschob das Parlament seinen Beschluss über die Jahresrechnung von Frontex, da es der Ansicht war, die Agentur habe die vom Parlament im Oktober 2021 gestellten Bedingungen nicht erfüllt. Frontex musste sich darüber hinaus noch mit den Ergebnissen einer Untersuchung des OLAF in Bezug auf Belästigung, Fehlverhalten und ܳܰüweisungen von Migranten befassen und dem Parlament über die diesbezüglichen Fortschritte berichten. Bei den jüngsten Entlastungsverfahren richtete das Parlament besonderes Augenmerk auf: die Kontrollanforderungen für die Aufbau- und Resilienzfazilität, die hohen Fehlerquoten bei Ausgabenprogrammen, die Transparenz bei der Verwendung von EU-Mitteln (einschließlich Informationen über die Endbegünstigten), den Zugang von nichtstaatlichen Organisationen zu EU-Mitteln und die Stärkung des Kontroll- und Überwachungsrahmens für die Nachverfolgung von EU-Mitteln in instabilen Gebieten oder Konfliktgebieten.

Die Kommission, die anderen Organe und die dezentralen Agenturen müssen, wie bereits erwähnt, Bericht über die Maßnahmen erstatten, die sie aufgrund der Bemerkungen im Entlastungsbeschluss des Parlaments getroffen haben. Die Mitgliedstaaten ihrerseits müssen die Kommission über die von ihnen infolge der Bemerkungen des Parlaments ergriffenen Maßnahmen informieren, damit die Kommission diese in ihrem Bericht über Folgemaßnahmen berücksichtigen kann (Artikel262 der Haushaltsordnung).

Auch die Fachausschüsse des Parlaments tragen dazu bei, dass die Mittel der EU im Interesse der europäischen Steuerzahler effizient ausgegeben werden. Die Mitglieder des Haushaltskontrollausschusses führten in der Vergangenheit außerdem immer wieder Gespräche mit Vertretern der entsprechenden ܲü der nationalen Parlamente, den nationalen Rechnungsprüfungsbehörden und Vertretern von Zollbehörden.

Weiterführende Informationen zu diesem Thema finden Sie auf der Website des Haushaltskontrollausschusses.

[1]Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Dokuments waren die interinstitutionellen Verhandlungen über die neue Haushaltsordnung noch .
[2]Die Durchführung des achten, neunten, zehnten und elften EEF ist noch nicht abgeschlossen. Über sie wird bis zu ihrem Abschluss gesondert berichtet.

Diána Haase